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Der Weiße Pool
der Plan zur Schaffung einer Europäischen Gesundheitsgemeinschaft
Stephan Pumberger
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Friederike Hassauer
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.11104
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30258.76540.444759-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
In dieser Diplomarbeit wird ein wenig bekanntes Projekt aus den frühen 1950er Jahren behandelt, durch das eine Europäische Gesundheitsgemeinschaft entstehen sollte. Dieser in den zeitgenössischen Berichten als „Weißer Pool“ bezeichnete Entwurf reihte sich in eine lange Reihe von meist gescheiterten Europaplänen und Projekten, die im Schatten der Schuman-Erklärung im Mai 1950 vor allen Dingen von Frankreich vorgetragen wurden. Ziel der Arbeit ist es, die Diskussionen um den Weißen Pool zu rekonstruieren, Gründe für sein frühzeitiges Scheitern zu erkennen und sich der Frage zu widmen, ob im weiteren Verlauf der europäischen Integration noch auf einzelne Punkte des Projekts zurückgegriffen wurde. Um diese Fragen klären zu können, wurde einschlägiges Aktenmaterial in Pariser Archiven gesichtet. Auch wenn für die einzelnen Kapitel verschiedene theoretische Ansätze stehen, so liegt der gesamten Arbeit ein heuristischer Ansatz zugrunde. Ganz in der Tradition der Schuman-Erklärung wurde auch beim Weißen Pool versucht, durch partielle Abtretung von staatlicher Souveränität an eine supranationale Behörde einen bestimmter Politikbereich zu vergemeinschaften. Der Gesundheitsbereich sollte, so der französische Gesundheitsminister Paul Ribeyre, auf den der Plan zurückgeht, den wirtschaftlichen Schwerpunkt der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl erweitern und ergänzen. Im September 1952 wurde der Plan erstmals vorgestellt. Durch die allen westeuropäischen Staaten offen stehende Gesundheitsgemeinschaft sollte ein gemeinsamer Markt für medizinische Produkte etabliert werden, Kooperation in der medizinischen Forschung gefördert und Mobilität für medizinisches Personal und Patienten garantiert werden. Ebenso war die Einführung von sozialstaatlichen Mindeststandards vorgesehen. Im Dezember 1952 fanden sich die Vertreter der OEEC-Staaten in Paris zu einer zweitägigen Konferenz ein, die jedoch nicht wie von Ribeyre gewünscht zu direkten Vertragsverhandlungen führte, sondern lediglich zur Einrichtung eines Expertenkomitees, das jedoch niemals tagte. In den folgenden Jahren wurde zwar erneut versucht, das Projekt im Rahmen des Europarates zu realisieren, die intergouvernementale Ausrichtung des Europarates verhinderte jedoch konkrete Resultate. Obwohl der Weiße Pool ab Mitte der 1950er Jahre in politischen Diskussionen nicht mehr auftauchte, wurden zahlreiche zentrale Punkte im Laufe der Jahrzehnte im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bzw. der Europäischen Union verwirklicht. So existiert heute ein einheitlicher Markt für alle medizinischen und pharmazeutischen Produkte, Diplome von medizinischem Personal werden europaweit anerkannt und auch Patienten genießen – wenn auch mit Einschränkungen – Mobilität in der gesamten Union. Der Weiße Pool war deshalb bei Weitem keine Totgeburt, sondern vielmehr eine Art Fahrplan für die gesundheitspolitische Aktivität der europäischen Institutionen, der in der Forschung bisher noch nicht ausreichend gewürdigt wurde.
Abstract
(Englisch)
In this diploma thesis a not very well known project for creating a European Community of Health dating back to the 1950s is presented. This draft project, which was usually referred to as the “White Pool“, was just one of many plans and projects to reorganize Europe which were brought forward mainly by France and were inspired by the Schuman-Declaration of May 1950. The main goal of this thesis is to reconstruct discussions triggered by the White Pool, to re-examine reasons for its premature failure and to resolve the question if its end was an end for good, or if some of the points were again put on the agenda during the later process of European integration. To find answers to these questions, documents in archives in Paris were sighted and analyzed. Although each chapter of the thesis follows specific theoretical approaches, a heuristic approach is the theoretical basis for the entire work. Following the tradition of the Schuman-Declaration, a partial transfer of national sovereignty onto a supranational authority in a specific policy field was the essence of the White Pool. Public health, according to the French minister of public health Paul Ribeyre, who is the author of the project, should counterweigh the economic bias of the European Coal and Steel Community. The plan was first presented to the public in September 1952. Through this Community of Health, which was open to all western European states, a common market for medical products would be created, cooperation in medical research strengthened and mobility for medical staff and patients guaranteed. Minimum standards for social protection were also part of the plan. In December 1952, representatives of the OEEC member states gathered in Paris for a two day long conference. Instead of fulfilling Paul Ribeyre’s expectations, the conference didn’t attain any concrete results, but it was only decided to convoke a committee of experts which actually never met. During the following years, France tried to resuscitate the project and realize it within the Council of Europe. But the intergovernmental approach of the Council hindered any concrete results. Even tough the White Pool disappeared in the mid-1950s from political discussions, numerous central aspects of the Pool were carried into effect by the European Economic Community and, accordingly, by the European Union. For instance, a common market for medical or pharmaceutical products is just as much a reality today as the Europe-wide recognition of diplomas and even patients benefit – even though with some restrictions – from full mobility within the entire EU. The White Pool thus wasn’t a stillbirth at all but has to be considered instead as some kind of roadmap for the action taken by the European institutions in the area of health policy. As such, the White Pool has not been yet appreciated adequately by research.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Gesundheitspolitik Europäisierung Europäische Union europäische Integration Europa Paul Ribeyre Robert Schuman Frankreich französische Außenpolitik
Autor*innen
Stephan Pumberger
Haupttitel (Deutsch)
Der Weiße Pool
Hauptuntertitel (Deutsch)
der Plan zur Schaffung einer Europäischen Gesundheitsgemeinschaft
Paralleltitel (Englisch)
The White Pool
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
X, 191 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Friederike Hassauer
Klassifikation
15 Geschichte > 15.38 Europäische Geschichte nach 1945
AC Nummer
AC08274548
Utheses ID
10017
Studienkennzahl
UA | 236 | 346 | |
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