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Farbe im Film
"Drei Farben: Blau" (Krzysztof Kieslowski); "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" (Peter Greenaway); "Die fabelhafte Welt der Amélie" (Jean-Pierre Jeunet)
Mark Bachmann
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Elisabeth Büttner
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.8412
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29753.39573.129960-5
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
In dieser Diplomarbeit habe ich einleitend dargelegt, dass Farbe im Film nicht erst seit der Erfindung des echten Farbfilms eine Rolle spielte, sondern das bereits im frühen Kino Versuche unternommen wurden, mittels Färbetechniken wie der Virage dem schwarzweißen Film die Farben beizufügen, die er aufgrund seiner technischen Unausgereiftheit noch nicht im Stande war aufzunehmen. Gerade die monochrome Einfärbung einzelner Filmabschnitte diente dabei nicht nur als Ersatz für die Farben der gefilmten Wirklichkeit, sondern bestimmte Farben wurden bereits aufgrund ihrer Anmutungsqualitäten zur Bekräftigung von Stimmungen ganzer Szenen oder als Visualisierung von Gemütszuständen von Figuren eingesetzt. Somit können diese (monochromen) Färbetechniken als Wegweiser einer Filmfarbästhetik begriffen werden. Weiters habe ich einen Überblick über den wissenschaftlichen Diskurs zum Thema Farbe im Film gegeben und dabei Überlegungen von Rudolf Arnheim, Bela Balázs und Sergej Eisenstein vorgestellt. Während Arnheim im Farbfilm die Gefahr sah, er könne seinen Kunstcharakter bzw. Kunststatus aufgrund der Nähe zur bunten Wirklichkeit einbüßen, war Balázs nach anfänglicher Skepsis optimistisch, dass Farbe im Film als Gestaltungsmittel nützlich sei um beispielsweise Verbindungen bzw. Kontraste zwischen Bildern hervorzuheben oder auf symbolischer Ebene zu vermitteln. Eisenstein sieht Farbe neben anderen Ausdrucksmitteln des Films wie etwa der Montage oder der Musik, als gleichberechtigt an. Mit Hans J. Wulffs Überlegungen zur Farbsignifikation habe ich einen Versuch vorgestellt, Filmfarben begrifflich zu systematisieren. Wulff untersucht Farbsignifikation im Rahmen der semiotischen Theorie auf der Ebene des Ikonismus und der höheren signifikativen Stufen. Bei den Filmanalysen stellte sich allerdings heraus, dass es nur bedingt möglich ist, die Farbästhetik eines Films entlang eines festen theoretischen Gerüsts zu untersuchen. Denn die Funktion einer Farbe kann von Film zu Film stark variieren und ihre Bedeutung erschließt sich meist erst im Kontext des Films. In meiner Diplomarbeit habe ich drei Filme von drei europäischen Regisseuren vorgestellt und mit Fokus auf ihre jeweilige Farbästhetik bzw. Farbdramaturgie analysiert. Den Anfang machte Krzysztof Kieslowskis Drei Farben: Blau, der erste Film seiner Drei-Farben-Trilogie, die sich mit der Losung der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ auseinandersetzte. Zunächst widmete ich dem Kameramann Slawomir Idziak ein eigenes Kapitel, da er zum einen verantwortlich für die besondere Farbästhetik des Films zeichnete und darüber hinaus auch als Pionier einer Filmfarbästhetik angesehen werden kann, der durch partielle oder monochrome Umfärbung der Filmbilder deren Distanz zum Wirklichkeitsbild betonte, was spätestens mit dem Aufkommen digitaler Nachbearbeitungstechnologien wieder stark in Mode gekommen ist. Die Farbe Blau ist vor Weiß und Rot die erste der drei französischen Nationalfarben. Kieslowski nahm an, die drei Begriffe der Losung der Französischen Revolution würden mit den drei Nationalfarben gleichgesetzt. In Drei Farben: Blau steht die Farbe Blau aber nicht zwingend für Freiheit, vielmehr visualisiert sie die subjektive Befindlichkeit der Protagonistin Julie, die nach einer Freiheit in der Isolation sucht und sich von der Vergangenheit und der schmerzvollen Erinnerung an ihre tödlich verunglückte Tochter und ihren Mann befreien will. Erinnerung und Trauer werden durch blaue Lichtreflexe und blaue Lichtschleier, die sich stellenweise über das Bild legen, abstrakt sichtbar gemacht. Darüber hinaus sind auch wichtige Gegenstände durch Blaufarbigkeit mit Julies Vergangenheit verlinkt. Kieslowski verweist außerdem durch das Setzen blauer, weißer und roter Akzente in manchen Einstellungen auf die Trilogie als Ganzes. In Drei Farben: Blau funktioniert Farbe also primär als Chiffre für Erinnerung, Trauer und Schmerz, als visuelles Äquivalent von Gefühlsprozessen und der emotionalen Konstitution der Protagonistin. Der zweite Film, den ich im Rahmen meiner Diplomarbeit untersucht habe, ist Peter Greenaways Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber. Durch ihre Loslösung vom Gegenstand in der Malerei des 20. Jahrhunderts, sei die Farbe wieder frei verfügbar, so Greenaway. Auch er löst die Farbe vom Gegenstand um sie als strukturierendes Element umzufunktionieren. Jeder der vier Räume bzw. Hauptschauplätze und der zwei Nebenschauplätze ist in einer eigenen Farbe gehalten und mit Ausnahme des Kochs und des Liebhabers, passen sich die Figuren der jeweiligen Raumfarbe entweder partiell, oder wie im Fall der Diebesgattin komplett an. Der Machtstatus einer Figur wird demnach durch deren Farbresistenz bzw. Farbabhängigkeit angezeigt. Georgina, die Frau des Diebes, passt sich chamäleonartig den Raumfarben an, was ihre Abhängigkeit von ihrem tyrannischen Mann widerspiegelt. Lehnt Georgina sich jedoch gegen ihren Mann auf, äußert sich dies auch in einer temporären Farbresistenz. Greenaway setzt Farbe als strukturierendes Prinzip und als Indikator für Machtverhältnisse zwischen den Figuren ein. Darüber hinaus nutzt er auch die Anmutungsqualitäten der Farben und deren Symbolkraft. Der dritte Film ist Jean-Pierre Jeunets Die fabelhafte Welt der Amélie. Hier habe ich zunächst ein besonderes Augenmerk auf die Funktion der Farbe Sepia zur Schaffung eines Retro-Looks gelegt und bin außerdem auf die Filmkonvention, Ebenenwechsel durch den Umbruch von Farbigkeit ins Schwarzweiß zu betonen, eingegangen. Des weiteren habe ich die Kontroverse um Jeunets radikal schöngefärbte und zu einer heilen, cleanen Welt zurechtretuschierte Repräsentation von Paris bzw. Montmartre umrissen. Jeunets postmoderner visueller Stil speist sich aus unterschiedlichen Inspirationsquellen, von der bildenden Kunst bis hin zur Ästhetik einzelner Filmströmungen. Durch stark gesättigte Farben wird der Film in eine märchenhafte bunte Sphäre entrückt. Jeunet setzt auf die Anmutungsqualitäten und auf die emotiv-affektive Assoziativität der Farben zugunsten eines Feel-Good-Looks.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Farbe Film Krzysztof Kieslowski Peter Greenaway Jean-Pierre Jeunet Slawomir Idziak Hans. J. Wulff The Fabulous Destiny of Amelie Poulain The Cook, the Thief, his Wife and her Lover Three Colours: Blue
Schlagwörter
(Deutsch)
Farbe Film Krzysztof Kieslowski Peter Greenaway Jean-Pierre Jeunet Slawomir Idziak Hans. J. Wulff Die fabelhafte Welt der Amélie Drei Farben: Blau Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber
Autor*innen
Mark Bachmann
Haupttitel (Deutsch)
Farbe im Film
Hauptuntertitel (Deutsch)
"Drei Farben: Blau" (Krzysztof Kieslowski); "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" (Peter Greenaway); "Die fabelhafte Welt der Amélie" (Jean-Pierre Jeunet)
Paralleltitel (Englisch)
Colour and film
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
91 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Elisabeth Büttner
Klassifikation
24 Theater > 24.37 Film: Sonstiges
AC Nummer
AC08037888
Utheses ID
7581
Studienkennzahl
UA | 317 | | |
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