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Hieronymus Löschenkohl im Kontext der Kultur- und Sozialgeschichte des Josephinismus
Thomas Hubmayer
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Lorenz Mikoletzky
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.24165
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29287.92642.677554-7
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Hieronymus Löschenkohl wurde im Jahr 1753 im Herzogtum Berg in Norddeutschland geboren. Seine Anwesenheit in Wien ist ab dem Jahr 1780 belegt. Er betätigte sich zunächst als Silhouettenschneider. Das Phänomen der Silhouettenmode erfasste zu diesem Zeitpunkt ganz Mitteleuropa und stand im Kontext eines Aufschwungs der Portraitkunst insgesamt, welcher maßgeblich durch den Prozess der Individualisierung im Zuge der frühbürgerlichen Kulturentwicklung ausgelöst wurde. Dem kunstgeschichtlichen Zeitgeschmack folgend entwickelte Löschenkohl die Portraitsilhouette zum szenischen Silhouettenbild weiter und schuf nuancierte Silhouetten, welche im Gegensatz zum ursprünglichen Typus auch Binnenzeichnungen aufwiesen. Der im Jahr 1781 in diesem Stil gehaltene Kupferstich „Theresiens letzter Tag“ wurde zum ersten großen Verkaufserfolg. Der Endpunkt dieser Entwicklung war der kolorierte Kupferstich, wie er erstmals im Blatt „Das Neujahrsfest in Wien“ aus dem Jahr 1782 verwirklicht wurde. Das behördliche Privileg als Kupferstecher und die Niederlassung am Kohlmarkt, welche zu diesem Zeitpunkt zum Zentrum des entstehenden Kunstmarktes wurde, waren weitere wichtige Schritte. Bei der Herstellung seiner Blätter ging Löschenkohl vermehrt zu seriellen Drucktechniken über, was die Auflage erhöhte und den Preis des Einzelstücks senkte. Er experimentierte mit verschiedenen Techniken und setzte seine Bilder mithilfe verschiedener Druckplatten zusammen, welche in mehreren Druckvorgängen zum Einsatz kamen. Löschenkohl wandte arbeitsteilige Prozesse an und beschäftigte zahlreiche Mitarbeiter in seinem Verlag, welcher der Größe eines mittleren Manufakturunternehmens entsprach. Vorlage und Idee der Stiche stammten von Löschenkohl selbst; dass er zumindest in seiner frühen Schaffenszeit selbst gestochen hat, ist wahrscheinlich. Thematisch konzentrierte er sich auf die Darstellung aktueller Ereignisse aus dem sozialen und politischen Leben Wiens. Ab Mitte der 1780er Jahre begann Löschenkohl vermehrt als Verleger, Manufakturist und Fabrikant tätig zu werden. Wichtige Produkte waren dabei Fächer, Kalender, Almanache, Spiele, Tapeten, Dosen, Knöpfe und zahlreiche weitere Artikel. Ursachen für diesen Entwicklungsweg waren die Einfuhrbeschränkungen ausländischer Konsumgüter, welche die Marktsituation verbesserten und die wiedereinsetzenden Zensurbestimmungen, welche die Bildreportage mit politischen Inhalten verunmöglichten. Ein wichtiger Kontext für das Werk Löschenkohls bestand in der josephinischen Pressefreiheit, welche einen Aufschwung sämtlicher Druckwerke mit sich brachte. Wie in der Arbeit an vielen Stellen gezeigt wird, bestand eine intensive Wechselwirkung und Durchdringung zwischen den zeitgenössischen Texten und der populären Druckgrafik, wie sie von Löschenkohl geschaffen wurde. Ein weiterer wichtiger Kontext war das entstehende Bürgertum. Löschenkohl selbst war ein Repräsentant des neuen Wirtschaftsbürgertums, welches manufakturmäßig herstellte und durch Privilegien gezielt gefördert wurde. Die frühbürgerliche Kultur kehrt als Thematik in vielfältiger Weise im Werk Löschenkohls wieder, wobei hier bei einer Gesamtsicht die fragmentarische bürgerliche Entwicklung und die nach wie vor zentrale Rolle von Hof und Adel berücksichtigt werden muss. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Bildreportagen Löschenkohls, so die hier vertretene These, eine enorm wichtige Rolle bei der Herausbildung einer öffentlichen Meinung spielten. Löschenkohl ist im weitesten Sinne der Formensprache und Ästhetik des Klassizismus und der Aufklärung zuzuordnen, wobei sein Schaffen auch Elemente enthält, die dem Klassizismus widersprechen und auf die Tradition der populären Druckgrafik verweisen. Bedeutende kulturgeschichtliche Zeitdokumente stellen die Blätter zum Thema Prostitution dar, welche, so die These dieser Arbeit, einerseits im Kontext der einsetzenden Sozialdisziplinierung zu betrachten sind, sich jedoch einer eindeutigen Interpretation entziehen. Bleibende Bedeutung haben die Reportagen zum josephinischen Türkenkrieg, welche im Kontext der Wandlung des Türkenbildes stehen, sowie durch die Entwicklungslinien der Kriegsgrafik im Aufklärungszeitalter geprägt sind. Neben diesen Thematiken widmete sich Löschenkohl zahlreichen weiteren Ereignissen und Fragestellungen. Im Rahmen von Einzelstudien werden in vorliegender Arbeit die Blätter zur josephinischen Religionsfreiheit, zum Tod Josephs II., zur Hinrichtung der walachischen Rebellenführer, zu den Luftfahrten Blanchards, zu Laudons Grab, zum belgischen Krieg und zu Modefragen und Modesatiren behandelt.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Josephinismus populäre Druckgrafik bürgerliche Öffentlichkeit Klassizismus Sozialdisziplinierung Manufakturkapitalismus bürgerliche Individualisierung Reformabsolutismus
Autor*innen
Thomas Hubmayer
Haupttitel (Deutsch)
Hieronymus Löschenkohl im Kontext der Kultur- und Sozialgeschichte des Josephinismus
Publikationsjahr
2012
Umfangsangabe
400 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Lorenz Mikoletzky
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.07 Kulturgeschichte ,
15 Geschichte > 15.08 Sozialgeschichte
AC Nummer
AC10513558
Utheses ID
21610
Studienkennzahl
UA | 312 | | |
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