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Russische Erinnerungskultur - Jossif W. Stalin
Harald Frischauf
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Oliver Rathkolb
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.9983
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29091.71248.302469-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Der Diktator Josef Stalin, dessen Verbrechen Millionen Menschen das Leben gekostet haben, nahm und nimmt noch immer seit seinem Ableben 1953 einen bedeutenden Platz in der Erinnerung der Russen und Russinnen ein. Dabei stoßen Erinnerungen die ihn als grausamen Diktator, Massenmörder und verheerenden obersten Kriegsherr beschreiben und Erinnerungen die ihm die Modernisierung der Sowjetunion, die Erlangung der Weltmachtsstellung und den Sieg im Großen Vaterländischen Krieg zuschreiben aufeinander. Die offizielle Geschichtspolitik nahm sich ebenfalls der Erinnerung an den Diktator an. Im Zentrum des Interesses standen allerdings nicht der Diktator, oder der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg selbst, sondern die spezifischen Interessen der jeweiligen politischen Führung. Benutzte Stalin den Sieg im Krieg noch um seine Machtposition weiter auszubauen und seiner Selbstdarstellung eine weitere Facette hinzuzufügen, so veränderte sich dies bereits kurz nach seinem Tod. Chruschtschow untermauerte mit der Entstalinisierung, dass er sich von seinem Vorgänger abzugrenzen versuchte. Legitimität für seine Herrschaft versprach er sich durch eine Distanzierung und der erstmaligen sehr vorsichtigen Aufdeckung seiner Verbrechen. Dies hatte auch Auswirkungen auf den geschichtspolitischen Umgang mit dem Sieg im Krieg, der nicht mehr benutzt wurde um Legitimität zu erhalten. Die nächste Wende setzte bereits kurz nach dem Putsch gegen Nikita Chruschtschow und der Machtübernahme durch Leonid Breschnew ein. Unter ihm wurde der Mythos des Sieges im Krieg geboren. In der Zeit der wirtschaftlichen Stagnation löste dieser Mythos auch die Oktoberrevolution als Hauptquelle für die Legitimität der sowjetischen Führung ab. Der Krieg wurde von nun an in all seiner ihm zugeschriebenen Größe gefeiert. Ein Abrücken von dieser Position manifestierte sich erst durch Gorbatschows Reformen, den Zerfall der Sowjetunion und der Machtübernahme Boris Jelzins. Das neue demokratische Russland grenzte sich sehr strikt von der Sowjetunion ab. Auch setzte sich erstmals die Meinung durch, dass der Krieg trotz und nicht dank Stalin gewonnen wurde. Nachdem aber die Gefahr bestand, dass die russische Opposition, bestehend aus Nationalisten und Kommunisten, die Deutungshoheit über den Großen Vaterländischen Krieg durch das Wiedergeben alter sowjetischer Argumentationsmuster an sich reißen könnte, setzte ein neuer geschichtspolitischer Wandel ein. Der Tag des Sieges 1995 versinnbildlicht diesen neuerlichen Wandel. Die Größe des Sieges stand nun wieder im Mittelpunkt und löste das in der ersten Hälfte der 90er Jahre vorherrschende Opfergedenken ab. Durch die Machtübernahme Vladimir Putins verstärkten sich die 1995 begonnen Entwicklungen. Josef Stalin erfuhr aufgrund der aktuellen politischen Interessen, nämlich der Schaffung einer neuen nationalen Identität für Russland und der wieder einsetzenden Betonung der 1991 verloren gegangenen Weltmachtsstellung, eine deutlich positivere öffentliche Darstellung. Diese Entwicklungen können anhand der Darstellungen in den russischen Schulbüchern und den Inszenierungen des Tags des Sieges besonders gut erkannt werden. Der staatlichen Geschichtspolitik treten allerdings durchaus genauso mächtige, wenn nicht gar noch mächtigere gesellschaftliche Erinnerungen, wie sie im kulturellen -, sozialen - und hier speziell im Familiengedächtnis transportiert werden, entgegen.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
culture of remembrance Stalin Russia Ussr
Schlagwörter
(Deutsch)
Erinnerungskultur Stalin Russland UdSSR
Autor*innen
Harald Frischauf
Haupttitel (Deutsch)
Russische Erinnerungskultur - Jossif W. Stalin
Paralleltitel (Englisch)
Russian culture of remembrance - Jossif W. Stalin
Publikationsjahr
2010
Umfangsangabe
88 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Oliver Rathkolb
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.24 Zweiter Weltkrieg ,
15 Geschichte > 15.74 Russland
AC Nummer
AC08142035
Utheses ID
9008
Studienkennzahl
UA | 190 | 313 | 456 |
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