Zahner, A. (2013). Bürgerbeteiligung und Photovoltaik : Beteiligungsmodelle für die Finanzierung von Photovoltaikanlagen in österreichischen Gemeinden [Master Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://resolver.obvsg.at/urn:nbn:at:at-ubtuw:1-64810
"In österreichischen Gemeinden ist die Beteiligung von Bürgern an der Finanzierung von Photovoltaikanlagen noch ein junges Betätigungsfeld. Ziel dieser Diplomarbeit ist es, rechtliche, organisatorische und ökonomische Aspekte von verschiedenen Beteiligungsmodellen zu erheben und im Rahmen einer Fallstudie in der Gemeinde Berg in Niederösterreich verschiedene Umsetzungsvarianten zu vergleichen und Empfehlungen für die Projektrealisierung zu erarbeiten. Im Zuge der Erhebungen wurden Literatur- und Internetrecherchen sowie Interviews mit zahlreichen Experten und Vertretern von Gemeinden durchgeführt. Die Wirtschaftlichkeit von Beteiligungsprojekten wird mit Hilfe einer dynamischen Investitionsrechnung nachvollzogen und für eine Laufzeit von 25 Jahren bewertet. Dabei wird der Verlauf der kumulierten diskontierten Einzahlungsüberschüsse (= Kapitalwerte, bei einem Kalkulationszinssatz von 3%) herangezogen, um abzuschätzen, in wie weit die Erträge aus Stromverkauf und vermiedenen Stromkosten die Anlagenkosten (Investitionskosten, Betriebskosten, etc.) abdecken bzw. übersteigen. Für die Umsetzung von Photovoltaikbeteiligungsinitiativen in österreichischen Gemeinden kommen insgesamt 10 Rechts- und Organisationsformen in Betracht, wobei v.a. 5 Beteiligungsmodelle zurzeit in österreichischen Gemeinden umgesetzt werden (Sale-and-Lease-back Modell, Sparbuchmodell, Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GesbR, Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft - GmbH & Co. KG und Genossenschaft). Die Photovoltaik- Beteiligungsprojekte sind zumeist sehr knapp kalkuliert, für die Umsetzung ist oft ehrenamtliche Tätigkeit notwendig, Kosten für die Projektvermarktung lassen sich nur schwer durch die Projekterträge abdecken und im Laufe des Betriebs fallen unter Umständen sogar zwischenzeitlich Verluste an, um Auszahlungen an die Bürger oder Kosten für den Tausch des Wechselrichters abzudecken. Aufwand und Risiken bei einer Umsetzung können in Gemeinden meist nur durch den möglichen Zusatznutzen von Öffentlichkeitswirkung, Bewusstseinsbildung und die Mobilisierung für umfassendere Energiestrategien gerechtfertigt werden. Auch für die Bürger stehen in der Regel eher ideelle Werte und nicht die Renditen des Projektes bei einer Beteiligung im Vordergrund; die jährlichen Verzinsungen liegen zumeist im Bereich von 3-4%. Die wirtschaftliche Umsetzung von Beteiligungsprojekten ist v.a. abhängig von den Investitionskosten (die unter den Bürgerbeteiligung und Photovoltaik gewählten Ausgangsbedingungen der Fallstudie den Betrag von 1.600 EUR/kWh nicht übersteigen durften) und dem Zugang zu Ökostromeinspeisetarifen (der in Österreich allerdings nur begrenzt verfügbar ist). Bei den meisten in Österreich laufenden Modellen handelt es sich nicht um eine Bürgerbeteiligung "im engeren Sinn", sondern um niederschwellige Angebote (Saleand- Lease back- und Sparbuchmodell) an die Bürger, sich ohne größerem Aufwand und Risiko finanziell an Anlagenerrichtung und Betrieb zu beteiligen. Beispiele, bei denen Bürger als Unternehmensgesellschafter ihr Stimmrecht wahrnehmen (etwa bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Kommanditgesellschaften, Genossenschaften), sind in Österreich relativ selten. Ob Beteiligungsinitiativen in den nächsten Jahren verstärkt in österreichischen Gemeinden umgesetzt werden, ist abhängig von der Nachfrage durch die Bürger und der Bereitschaft von Gemeinden, trotz der begrenzten Verfügbarkeit von Ökostromeinspeisetarifen in vorausschauende und professionelle Planung zu investieren. Auch werden die nächsten Jahren zeigen, in wieweit sich Eigenverbrauchsmodelle ohne Ökostromeinspeisetarife - die sich über die Einsparungen von Bezugskosten aus dem Stromnetz refinanzieren - in österreichischen Gemeinden tragfähig umsetzen lassen."