Huber, T. (2019). Beurteilung der Querkrafttragfähigkeit bestehender Stahlbetonplattenbrücken mit Aufbiegungen [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2019.66743
Kurze Plattentragwerke aus Stahlbeton sind essentiell für die österreichische Infrastruktur, da rund die Hälfte aller Objekte im Netz der hochrangigen Straßen und der Eisenbahn in dieser Bauart errichtet wurde. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters der Brücken stellt die Erhaltung dieser Tragwerke ein Kerngebiet der täglichen Ingenieurspraxis dar. Neben der visuellen Brückeninspektion ist eine statische Nachrechnung ein wichtiger Bestandteil einer Neubeurteilung der Tragfähigkeit. Die Anwendung der heutigen Tragwerksnormen lässt jedoch eine positive Nachweisführung im Bezug auf die Querkafttragfähigkeit oftmals nicht zu, obwohl diese Bauwerke seit Jahrzehnten schadenfrei im Netz sind. Mit der vorliegenden Arbeit wird daher versucht, zu einem besseren Verständnis des Querkrafttragverhaltens von diesen Plattentragwerken beizutragen, wobei insbesondere die historische Bauweise der aufgebogenen Längsbewehrung untersucht wird. Dazu wird ein umfangreiches Versuchsprogramm vorgestellt, welches 10 Querkraftversuche an Stahlbetonträgern, 17 Tests an Plattenstreifen sowie vier weitere an Stahlbetonplatten umfasst. Durch den Einsatz der Nahbereichsphotogrammetrie konnten die Rissöffnungen und Gleitungen der Rissufer im kritischen Schubriss, sowie die Dehnungen in der Betondruckzone während der gesamten Testprozedur kontinuierlich aufgezeichnet werden. Das erlaubte die Evaluierung von verschiedenen Querkrafttragmechanismen anhand anerkannter konstitutiver Beziehungen. Dabei wurde offensichtlich, dass die Querkraftkomponente der aufgebogenen Längsbewehrung gemeinsam mit jenen des Betons wirken kann. Außerdem ist der Verlauf und die Kinematik der Schubrisse ähnlich zu Rissen, wie sie bei Bauteilen ohne Querkraftbewehrung zu erwarten sind. Auf diesen Beobachtungen gründend, wurde ein bestehendes dehnungsbasiertes Modell zur Bestimmung der Querkrafttragfähigkeit von Bauteilen ohne Querkraftbewehrung für die Anwendung auf Bereiche mit aufgebogenen Längsstäben erweitert. Ein Vergleich des vorgeschlagenen Modells des potentiellen Schubrisses (PSC-Modell) mit einer eigens erstellten Datenbank bestehend aus 35 Versuchen mit aufgebogenen Längsstäben und einwandfrei festgestelltem Querkraftversagen konnte zeigen, dass der entwickelte Ansatz die erzielten Querkraftwiderstände sehr gut abbilden kann. Der Nachweis wird durch das Verschieben eines diskreten, potentiellen Schubrisses entlang der Bauteilachse geführt. Dadurch kann die Ausführung von aufgebogenen Längsstäben mit verschiedenen Abständen und Durchmessern berücksichtigt werden. Die statische Nachrechnung von zwei Eisenbahnbrücken zeigt das Potential des hergeleiteten Ansatzes auf. Während eine Beurteilung der Tragfähigkeit nach dem aktuellen Normenstand (Eurocode 2) eine teure und aufwändige Ertüchtigung beider Brückenobjekte ergeben würde, kann die Querkrafttragfähigkeit auf Basis des im Zuge dieser Arbeit entwickelten Berechnungsansatzes in den maßgebenden Bereichen erfolgreich nachgewiesen werden.
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Reinforced concrete slab bridges with short spans are essential for the Austrian infrastructure, as around half of all the objects in the existing network of high-level roads and railways were built in this way. Due to the advanced age of the bridges, the preservation of these structures is a core business of daily engineering practice. In addition to the visual bridge inspection, static recalculation is an important part in the assessment of bearing capacity. However, the application of current structural standards often does not allow a positive assessment with respect to the shear capacity, although these structures have been used for decades without damage. This work, therefore, attempts to contribute to a better understanding of the shear bearing behavior of those reinforced concrete slab structures, in particular the historical design of the bent-up longitudinal reinforcement is examined. For this purpose, an extensive experimental program is presented, which includes 10 shear tests on reinforced concrete beams, 17 tests on slab strips and four more on reinforced concrete slabs. Through the use of close-range photogrammetry, the crack openings and slidings along the critical shear crack, as well as the strains in the uncracked concrete compression zone could be continuously recorded during the test procedure. This allowed the evaluation of various shear transfer mechanisms based on well-known constitutive relationships. It became obvious that the shear force component of the bent-up longitudinal bar can act together with those of the concrete. In addition, the shape and the kinematics of the shear cracks are similar to cracks, as can be expected structures without shear reinforcement. Based on these observations, an existing strain-based model for determining the shear capacity of structures without shear reinforcement was extended for use on areas with bent-up longitudinal bars. The evaluation of the proposed model of the potential shear crack (PSC-model) with a self-created database consisting of 35 tests with bent-up longitudinal bars and clearly determined shear failure could show that the developed approach can predict the shear resistances achieved in the tests very well. The check of shear resistance is done by shifting a discrete, potential shear crack along the beam axis. This allows the consideration of bent-up longitudinal bars with different diameters and distances in between. The static recalculation of two railway slab bridges with bent-up longitudinal bars shows the high potential of the derived approach. While an assessment of the load capacity according to the current standard (Eurocode 2) would result in expensive strengthening measures of both bridge objects, the check of shear resistance can be successfully fulfilled on the basis of the newly developed approach.