Zur Seitenansicht

Titelaufnahme

Titel
Bildung und radikale Gewalt : Essay über politische Radikalisierungsprozesse als bildungstheoretisches Themenfeld
VerfasserAßmann, Alex
Enthalten in
Zeitschrift für Praktische Philosophie, Salzburg, 2020, 7 (2020), 2, S. 67-90
Erschienen2020
SpracheDeutsch
DokumenttypAufsatz in einer Zeitschrift
Schlagwörter (DE)Bildungstheorie; / Theorie der Radikalisierung; / politische Gewalt; / Extremismus; / Biografieforschung
Schlagwörter (EN)Philosophy of Education; / theory of radicalization; / political violence; / extremism; / biography research
ISSN2409-9961
URNurn:nbn:at:at-ubs:3-20342 
DOI10.22613/zfpp/7.2.3 
Zugriffsbeschränkung
 Das Dokument ist frei verfügbar
Links
Nachweis
Dateien
Klassifikation
Zusammenfassung

Stellt sich beispielsweise in Ermittlungsverfahren heraus, dass es sich bei solchen Terroristen und gewalttätigen Radikalen, die für schwere Gewalt- und Hassverbrechen zur Verantwortung gezogen werden, zugleich um formal hoch gebildete und qualifizierte Menschen handelt, dann reagiert die Öffentlichkeit oftmals besonders irritiert darauf. Unschwer ließe sich das auf eine weitverbreitete Auffassung zurückführen, wonach Bildung und Gewalt einander ausschlössen. Der vorliegende Essay geht hingegen von einer anderslautenden These aus. Diese besagt: Auch Radikalisierungsprozesse lassen sich als Bildungsprozesse beschreiben – und individuelle Radikalisierungsprozesse ließen sich auf diese Weise an vielleicht entscheidenden Punkten besser verstehen, als wenn man sie sich über Bezugsideologien, Gruppenstrukturen oder kritische Sozialisationsverläufe zu erklären versucht. Zwar greifen nur die wenigsten Radikalen auch zu gewaltsamen Mitteln, um ihre Ziele durchzusetzen. Doch selbst in solchen Fällen, argumentiert der Essay, wo es zur Gewaltanwendung kommt, widerspricht dies nicht zwingend der hier vertretenen These. Die Annahme, dass sich Radikalisierungsprozesse genauer noch als transformatorische Bildungsprozesse rekonstruieren lassen, könnte nicht nur eine Erklärung für das unausgesetzte Attraktionspotenzial bedeuten, über das die Radikalität selbst in Gesellschaften verfügt, die nicht vorrangig von gewaltsamen Konflikten oder materieller Not gezeichnet sind. Sie lässt sich zudem als produktiver Beitrag zu einer grundlagentheoretischen Debatte in der Extremismus- und politischen Gewaltforschung aufgreifen, in der das Konzept der Radikalisierung wegen seiner Gewaltgebundenheit, Subjektferne und seiner sicherheitspolitischen Agenda grundlegend in Frage gestellt wird. Doch vor allem möchte der Essay dazu anregen, sich vermehrt mit bildungstheoretischen Zugängen zum Phänomen der Radikalität auseinanderzusetzen; und zwar insbesondere auch dann, wenn dies selbst gewaltsame Formen mit einschließt. Auf diese Weise ließen sich womöglich neue und weiterführende Erklärungsansätze zur Genese von radikaler Gewalt entwickeln.

Abstract

If, for example, preliminary investigations reveal that such terrorists and violent radicals, who are held responsible for drastic hate crimes, are at the same time formally highly educated and qualified people, the public often reacts with particular irritation. This could easily be attributed to a widespread perception that education and violence are mutually exclusive. This essay, however, is based on a different thesis. This thesis states that radicalization processes can also be described in terms of „Bildung“ – and individual radicalization processes can thus be better understood at some points than if one tried to explain them through ideologies, group structures or toxic socialization. It is true that only very few radicals resort to violent means to achieve their goals. But even in such cases, the essay argues, where the use of violence occurs, this not necessarily contradicts the thesis advocated here. The assumption that individual radicalization processes can be more accurately reconstructed as forms of transformative learning could not only provide an explanation for the untapped attraction that radicalism itself has at its disposal in societies that are not primarily marked by violent conflict or material need. It can also be taken up as a productive contribution to a fundamental theoretical debate in research on extremism and political violence, in which the concept of radicalization is fundamentally challenged because of its violence-bound, remote and security agenda. But above all, the essay aims to encourage a more intensive engagement with educational theory approaches to the phenomenon of radicalization, especially when these approaches themselves include violent forms. In this way, new and further explanatory approaches to the genesis of radical violence could possibly be developed.

Statistik
Das PDF-Dokument wurde 19 mal heruntergeladen.
Lizenz-/Rechtehinweis
Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz