Aktuell wird in Deutschland politisch darüber verhandelt, inwiefern ein einfacher Bluttest zur Diagnose von Trisomien bei Embryonen (Praena- Test) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden soll. Gegner befürchten, eine solche Regelung würde die Diskriminierung von Menschen mit Down-Syndrom in unserer Gesellschaft befördern. Dieser Beitrag widmet sich anhand der Diskussion des PraenaTests der Frage, was für ein Verständnis von Diskriminierung in diesem Kontext einschlägig ist, und argumentiert, dass der Begriff der strukturellen Diskriminierung die zugrunde liegende moralische Problematik am ehesten einfangen kann. Da sich mithilfe eines Schadensbegriffs moralisch ungerechtfertigter Diskriminierung (Lippert-Rasmussen) die problematischen Aspekte der selektiven Abtreibungspraxis gegenüber Embryonen mit Down-Syndrom nur teilweise erfassen lassen, muss eine angemessene Beschreibung durch einen Missachtungs- und Demütigungsbegriff der Diskriminierung (Hellman) erweitert werden. Allerdings hebt dieser zu stark auf einzelne Akte der Diskriminierung ab und nimmt die strukturelle Dimension von Diskriminierung und ihre diskursprägende Kraft nicht hinreichend in den Blick; er ist deshalb in dieser Hinsicht zu modifizieren. Der Beitrag diskutiert in Hinblick auf Menschen mit Down-Syndrom mögliche diskriminierende Implikationen von pränataler Testung und damit assoziierten Schwangerschaftsabbrüchen. Die Argumentation zeigt auf, dass zwar bezüglich der selektiven Abtreibungspraxis von Embryonen mit Trisomie 21 und ihrer medizinischen Rahmung von einer strukturellen Diskriminierung gegenüber Menschen mit Down-Syndrom gesprochen werden kann; diese Form der Schlechterstellung ist aber nicht durch eine konkrete Ungleichbehandlung dieser Menschen geprägt, sondern bezeichnet die Etablierung und Perpetuierung von sozial wirkmächtigen Stereotypisierungen und Werthaltungen, die ein rein defizitorientiertes Verständnis von Behinderung konsolidieren. Die spezifische Dimension struktureller Diskriminierung im Kontext pränataler Diagnostik soll mit Foucaults Konzept der Biomacht eingefangen werden. Der Beitrag kommt zu dem Ergebnis, dass aus Gründen der Konsistenz der PraenaTest für Risikoschwangerschaften eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen werden sollte (da die riskantere Fruchtwasseruntersuchung bereits eine solche ist), eine flächendeckende Einführung als Reihenuntersuchung jedoch abzulehnen ist. In gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht bleibt das Desiderat bestehen, normierende und stereotypisierende Vorstellungen von Behinderung kritisch zu hinterfragen und aufzubrechen.
|