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Titelaufnahme

Titel
Die Krise der Demokratie - Eine Frage der Perspektive?
VerfasserZucca-Soest, Sabrina
Enthalten in
Zeitschrift für Praktische Philosophie, Salzburg, 2019, 6 (2019), 2, S. 113-140
Erschienen2019
MaterialOnline-Ressource
SpracheDeutsch
DokumenttypAufsatz in einer Zeitschrift
Schlagwörter (DE)Legitimität / Demokratiekrise / Normativität / Deskriptivität / Präskriptivität
Schlagwörter (EN)legitimacy / democracy crisis / normativity / descriptivity / prescriptivity
ISSN2409-9961
URNurn:nbn:at:at-ubs:3-15778 
DOI10.22613/zfpp/6.2.5 
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Zusammenfassung

Die vielbesprochene Krise der Demokratie weist unmissverständlich auf die grundsätzliche Frage nach der Legitimität von organisierten Gesellschaften hin. Gesellschaftliche Legitimationsprozesse, so die ausgeführte These hier, sind Begründungs- und Rechtfertigungsprozesse, die bestimmen und gegebenenfalls deutlich werden lassen, dass und inwiefern Institutionen gerechtfertigt bzw. gut begründet sind. Institutionen im Sinne kultureller Deutungs- und Handlungsmuster können zu verhaltensregulierenden und Erwartungssicherheit erzeugenden sozialen Regelsystemen erstarken und so an gesellschaftlicher Tragkraft gewinnen – fehlt es aber an legitimierenden Institutionen, so geraten die gesellschaftlichen Organisationsstrukturen als solche langfristig gesehen in eine Krise. In diesem Sinne entfaltet die je neu aufzubringende Ressource Legitimität eine konstituierende Wirkung für gesellschaftliche Organisations- und Herrschaftsstrukturen – gelungene Legitimationsprozesse führen dabei zu als gerechtfertigt anerkannten Verhältnissen und bilden somit einen – qua Stabilität gewonnenen – Zusammenhang gesellschaftlicher Strukturen.

Diese normativ gehaltvollen, durch soziale wie rechtliche Normen gekennzeichneten Strukturen entstehen allerdings durch unterschiedlichste gesellschaftliche Interaktionen und stellen vielfältige Ansprüche an diejenigen, von denen die Befolgung dieser Normen erwartet wird. Normbefolgung ist dabei keineswegs selbstverständlich. Sieht man von der nicht nur inakzeptablen, sondern auf Dauer auch nicht funktionsfähigen Möglichkeit der Normbefolgung aufgrund bloßen Zwangs ab, müssen daher gute Gründe für die Normbefolgung sprechen. Die aktuelle Krise der liberal-pluralistischen Demokratien scheint es in Zeiten der globalisierten Gesellschaften an eben diesen guten Gründen zu mangeln. Das Reservoir an vormals nationalstaatlichen Begründungsstrategien scheint ausgeschöpft zu sein, die Überzeugungskraft der Grundideen liberal-pluralistischer Demokratien zusehends ihre Bedeutung zu verlieren.

Zum einen wird in diesem Beitrag eben diesen Gründen für die aktuellen Demokratiekrisen im Sinne von allgemeinen Legitimitätskrisen nachgespürt. Zum anderen wird Legitimität als gesellschaftliche Grundkategorie als solche in den Blick genommen. Denn Legitimität kann entweder im Sinne des faktischen Vorliegens einer zustimmenden subjektiven Einstellung gegenüber Normen und kollektiv verbindlichen Entscheidungen auf Seiten der an einer politischen oder sozialen Ordnung Beteiligten verstanden werden – oder aber als Fähigkeit eines Regelsystems, eben diese Zustimmung allererst hervorbringen zu können. So sind zwei Grundprinzipien erkennbar, denen sich die unterschiedlichen Legitimitätskonzepte zuordnen lassen: die faktische Legitimitätserzeugung (deskriptiver Zugang) und die hypothetische Legitimitätserzeugung (präskriptiver Zugang). Erst mit der Wahrnehmung und Ausarbeitung dieses abstrakt-theoretischen Hintergrunds, vor dem sich Legitimationsprozesse klassifikatorisch unterscheiden lassen und so schließlich auch beschreibend erfasst werden können, kann die Frage nach dem jeweiligen Warum der Krisen sowie ein Ausblick auf die notwendigen strukturellen Veränderungen in der den sachlichen Fragestellungen angemessen Schärfe und Reichweite beantwortet werden.

Abstract

The so-called crisis of the democratic system which is currently discussed controversially deals with the basic question of the legitimacy of organized societies. Socially legitimizing processes are aimed at the definition and justification of democratic institutions. Those institutions can fulfill a regulating and therefore reassuring function within political systems. This is what defines their importance in today’s societies. Without the support through such regulating institutions, the social structure and organisational patterns dissolve and the democratic system falls in crisis. The question of any system’s legitimacy is therefore crucial for the structuring of all social processes and hierarchies – once a society reaches a status of legitimacy, it is considered as justified and recognized as such. Legitimized societies count as stable societies. The structures described above evolve through different social interactions and distinguish themselves by a mix of social and legal norms which are expected to be followed by all members of the society meant to be structured here. Following set norms is not implied here. Since the principle of following norms only for the sake of social adjustment is not only not acceptable but simply disfunctional, new structures ask for new reasons to justify and prove the legitimacy of the norms. Globalized societies seem to lack legitimations which is where the whole crisis is rooted which liberal-pluralistic are going through at the moment. The reservoir of nationalistic as well as liberal-pluralistic attempts of justification seems exhausted to the core.

The following paper is trying to identify reasons for the current crisis of democracies as a concept. Moreover, it is analysing the basic idea of legitimation as a category of social functionality in depth. There are two basic principles. Depending on which is recognized by a society, different concepts of legitimation can be described. On an individual level, the individual’s recognition of established norms and its silent confirmation to act accordingly within a society can be understood as legitimation. On a societal level, the power that a society has over its members when imprinting core values and norms on them. Thus, two basic concepts of legitimation can be identified: The first one is based on facts to generate legitimation (descriptive approach). The second one is based on hypotheses (prescriptive approach). Only after the recognition of the theoretical background, reasons for the crises can be found, its scope can be measured and a realistic outlook on the necessary measures which need to be taken accordingly can be formulated.

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