Hintergrund
Das Ausmaß einer parenchymalen Lungenverletzung (PLI) zeigt sich in einer Computertomographie und kann mithilfe einer volumetrischen Analyse ermittelt werden. Die Dissertation beruht auf der ursprünglichen Idee dieses Ausmaß durch initiale Serumspiegel von Biomarkern, die unmittelbar nach der Krankenhauseinlieferung und kurz nach Eintritt des Traumas erhoben werden, quantitativ bestimmen zu können.
Zielsetzung
Es sollte bewiesen werden, (1) dass sich eine PLI innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach dem Trauma entwickelte. Weiters sollte herausgefunden werden, (2) ob die initiale oder die Computertomographie, ausgeführt an Tag 2 (24 bis 48 Stunden) nach dem Trauma, der bessere Prädiktor für ARDS war. Außerdem sollte eruiert werden, (3) ob sich die Biomarkerspiegel von polytraumatisierten Patienten von jenen gleichaltriger, gesunder Personen signifikant unterschieden, (4) ob sie geeignet waren das Ausmaß des Verlustes an funktionalem Lungengewebe mit steigendem/sinkendem Spiegel, der ein bis zwei Stunden nach dem Trauma erhoben wurde, anzuzeigen, und (5) ob sich dieser Spiegel innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach dem Trauma signifikant veränderte. Schlussendlich war es ein weiteres Ziel, für polytraumatisierte Patienten, die an einem schweren Thoraxtrauma (AISThorax ≥ 3) litten, jenen Biomarker zu identifizieren, (6) der das Auftreten von ARDS und Pneumonie am verlässlichsten prognostizieren konnte, sowie (7) jenen der beiden vordefinierten Zeitpunkte herauszufinden, der für die Messung am besten geeignet war.
Material und Methoden
Patienten nach Polytrauma (ISS ≥ 16; Alter ≥ 18 Jahre) wurden in unsere Studie aufgenommen, (1) wenn sie direkt vom Ort des Unfallgeschehens in unser Level I Traumazentrum eingeliefert wurden, (2) wenn nach der Erstversorgung ihre Verlegung auf die Intensivstation veranlasst wurde, und (3) wenn sie mindestens 24 Stunden überlebten. Eine Computertomographie wurde bei der Aufnahme und an Tag 2 nach dem Trauma durchgeführt. Zu beiden Zeitpunkten erfolgte auch eine Blutabnahme, die der Erhebung der Serumspiegel von fünf erfolgversprechenden, mit Hilfe einer Literatursuche identifizierten Biomarkern (CC16, CYFRA21-1, KL6/MUC1, SP-D und sRAGE) diente.
Ergebnisse
Obwohl bei polytraumatisierten Patienten ein signifikanter Anstieg des medianen PLI-Volumens innerhalb von ein bis zwei Tagen nach dem Trauma nachgewiesen wurde, konnte sowohl das initiale PLI-Volumen als auch das Volumen von Tag 2 nach dem Trauma als Prädiktor für ARDS bestimmt werden, wobei das initiale PLI-Volumen überraschender Weise sogar das bessere Ergebnis erzielen konnte. Für polytraumatisierte Patienten unterschieden sich die initialen Serumspiegel aller fünf Biomarker signifikant von jenen einer gesunden Altersgruppe und sie änderten sich signifikant innerhalb der nächsten beiden Tage. Nichtsdestotrotz konnte nur der initiale sRAGE-Spiegel als verlässlicher Prädiktor für die PLI-Schwere (nicht für das PLI-Volumen) identifiziert werden. Für Patienten mit Polytrauma und einer schweren Lungenverletzung hingegen erwies sich der initiale Serumspiegel von CYFRA21-1 als am besten geeignet das Auftreten von ARDS vorherzusagen, während der Serumspiegel von CC16, der an Tag 2 nach dem Trauma gemessen wurde, als bester Prädiktor für eine Pneumonie gilt.
Schlussfolgerung
Die präsentierten Ergebnisse zeigen, dass mithilfe von sRAGE, CYFRA21-1 und CC16 polytraumatisierte Patienten mit einem Risiko für pulmonale Komplikationen frühzeitig erkannt werden können. Ihre Spiegel sollten ergänzend zu einer Computertomographie, die weiterhin als der Goldstandard für die umfassende Einschätzung von Verletzungsmuster und -ausmaß erachtet werden muss, bestimmt werden.