Krebs ist eine heterogene Krankheit, der in den meisten Fällen Mutationen zu Grunde liegen, die Onkogene ein- oder Tumorsuppressoren ausschalten. Daher wird Krebs auch als genetische Krankheit bezeichnet.
Brustkrebs wird nach histologischen und genetischen Kriterien in mehrere Subtypen eingeteilt. Für dreifach-negativen Brustkrebs (triple-negative breast cancer, TNBC), der oft auch als basal bezeichnet wird und die klinisch aggressivste Form darstellt, gibt es keine personalisierte Behandlung. TNBC ist genetisch besonders uneinheitlich, daher ist die Entwicklung zielgerichteter Therapien anhand von genetischen Biomarkern schwierig. Daher versuchten wir, den basalen Grundstatus der Brustkrebszellen anzugreifen. Dazu exprimierten wir den Transkriptionsfaktor TWIST1 in Brustepithelzellen, was einen basal-ähnlichen Zustand hervorruft. Dieses Modellsystem setzten wir 20000 chemischen Substanzen aus und fanden heraus, dass Midostaurin, ursprünglich als Inhibitor der Proteinkinase C (PKC) entwickelt, gezielt basale, aber nicht luminale Brustkrebszellen angreift. Mittels bioinformatischer Netzwerkanalyse und Chemoproteomik konnten wir Aurora Kinase A und SYK als relevante Zielproteine identifizieren.
Der Hauptteil dieser Arbeit beschäftigt sich mit häufigen Brustkrebsmutationen und ihrer Verteilung. Nur vier Gene sind in mehr als 10% der Brustkrebspatientinnen verändert, drei davon (PIK3CA, TP53 und CDH1) sind bereits ausführlich charakterisiert. Das vierte Gen, GATA3, ist ein Transkriptionsfaktor, der in der Differenzierung der Brustdrüsen während der Pubertät eine essenzielle Rolle spielt und für die Beibehaltung einer luminalen Zellidentität sorgt. Wir führten eine bioinformatische Analyse durch, bei der wir Genexpressionsveränderungen mit Mutationspositionen in Verbindung setzten, um einen Einblick zu gewinnen, welche Mutationen an welcher Stelle funktionelle Auswirkungen haben. GATA3 zeigte mit Abstand die meisten positionsabhängigen Genexpressionsveränderungen. Wir fanden zwei funktionell unterschiedliche Mutationsklassen: ein verkürztes und ein verlängertes Protein. Letzteres korreliert mit kürzerer progressionsfreier Überlebenszeit in Patientinnen. Wir untersuchten die beiden GATA3-Varianten mit Hilfe eines Zellmodells. Während das verkürzte Protein seine Funktion verliert, deutet die Extension auf eine gesteigerte oder veränderte Aktivität hin. Darüber hinaus stellten wir fest, dass die Präsenz des verlängerten Proteins die Sensitivität von Brustepithelzellen gegenüber Inhibitoren der Histonmethyltransferasen G9A und GLP drastisch erhöht.
Auch epigenetische Mechanismen tragen wesentlich zur Krebsentstehung bei, oft durch Mutationen in Enzymen, die die Zugänglichkeit der DNA regulieren. Dies geschieht durch posttranslationale Modifikationen an Histonproteinen. Histondemethylasen (KDMs) beseitigen Methylgruppen und aktivieren oder inaktivieren so die Transkription bestimmter Gene. Um die Funktionen dieser Enzyme studieren zu können, ist es hilfreich, sie mithilfe chemischer Substanzen zu inhibieren. Der dritte Teil dieser Arbeit beschreibt die Entwicklung eines spezifischen, zellaktiven Inhibitors für KDM2A. Ein multidisziplinäres Forscherteam synthetisierte eine Serie neuartiger KDM2A-Inhibitoren, die nicht mit den enzymatischen Kofaktoren Eisen und Alphaketoglutarat kompetitieren. Wir führten in weiterer Folge zelluläre Experimente durch, um ihre Toxizität und Aktivität innerhalb der Zelle festzustellen. Der beste Inhibitor ruft in nicht-toxischer Konzentration spezifische Änderungen in der Genexpression hervor. In höherer Konzentration kommen unspezifische Effekte hinzu.
In diesen drei methodisch und inhaltlich verschiedenen Studien stehen Gen-Wirkstoff-Interaktionen in Brustkrebs und darüber hinaus im Mittelpunkt, die einen Beitrag zum Fortschritt personalisierter Medizin in der Krebsbehandlung leisten könnten.