Einführung: Das Tamm Horsfall Protein (THP) ist das am häufigsten vorkommende Glykorotein im menschlichen Urin. Ca. 30% seines Molekulargewichts besteht aus Kohlenhydraten. Obwohl es intensiv beforscht wurde ist die Rolle von THP noch immer unklar. Dem Protein wurden zahlreiche Eigenschaften zugeschrieben: Als antiviraler Stoff, als zytoprotektives Reagenz welches interstitielle Zystitis verhindert, als Bindungspartner und Regulator von Zytokinen, als Interaktionspartner des Komplementsystems oder als Modulator des angeborenen Immunsystems. Kürzlich wurde entdeckt, dass THP auch als Interaktionspartner von Scavengerrezeptoren (SR) agieren kann.
Das humane granuläre Zymogenprotein 2 (GP2) ist dem THP sehr ähnlich. Es wurde gezeigt, dass beide wichtige Eigenschaften teilen. Wie THP ist auch GP2 sehr stark glykosyliert. Am wichtigsten ist jedoch, dass beide Moleküle die Fähigkeit haben, pathogene Escherichia coli zu binden.
Ziel der Studie: Aufgrund des hohen Zuckeranteils von THP war es von großem Interesse herauszufinden, ob THP an SR über Kohlenhydrate oder über das Proteingerüst bindet. Ein weiteres Ziel war es zu untersuchen, ob GP2, ähnlich dem THP einBindungspartner von SR ist.
Methoden: THP wurde aus Urin durch Salzpräzipitation gewonnen. Chemische Deglykosylierung wurde mithilfe von Trifluormethansulfonischer Säure (TFMSA) durchgeführt. Um die Bindung von deglykosyliertem THP (degTHP) zu SR zu testen wurde degTHP biotinyliert und mit SR exprimierenden Zelllinien inkubiert. Um zu untersuchen, mit welchem Zucker THP an SR bindet wurden SR exprimierende Zellen mit monomeren Zuckern koinkubiert.Weiters wurde biotinyliertes GP2 (GP2-bio), welches im Baculovirussystem exprimiert wurde, mit SR exprimierenden Zellen inkubiert. Die Affinität von GP2 zum Scavengerrezeptor auf endothelialen Zellen (SREC-I) wurde mithilfe eines Lineweaver-Burk Diagramms bestimmt. Weiters wurde die Bindung und Internalisierung von GP2-bio durch dendritische Zellen (DCs) untersucht. Eine Rezeptor-Liganden Präzipitation wurde verwendet um neue THP/ GP2 bindende Strukturen zu isolieren. Isolierte Proteine wurden mittels Massenspektrometrie bestimmt.
Ergebnisse: THP wurde durch Salzpräzipitation isoliert und mittels TFMSA deglykosyliert. SREC-I und SR-AI waren weiterhin in der Lage, degTHP zu binden, während SR-BI seine Bindungsfähigkeit verlor. THP Bindung an SRBI konnte durch Fukose verhindert werden. Weiters konnte nachgewiesen werden, dass GP2-bio ein Bindungspartner von SREC-I und SR-AI ist. Die Affinität von GP2-bio zu SREC-I betrug 39.55 nM. GP2-bio wurde von DCs gebunden und daraufhin internalisiert. Die Inhibition von DCs mit anti SREC-I Antikörpern war nicht in der Lage, die GP2-bio Bindung zu verhindern. Mittels der Rezeptor-Liganden Präzipitation wurden Proteine isoliert und durch MS identifiziert. Jedoch wurden vorwiegend nur intrazelluläre Proteine isoliert, welche nicht als Kandidaten für THP/GP2 bindende Moleküle angesehen werden können.
Diskussion: Unsere Experimente weisen darauf hin, dass SREC-I und SR-AI THP über ihr Proteingerüst binden, SR-BI jedoch über Zuckeranteile. Endständige Fukosemoleküle könnten die Hauptinteraktionspartner von SR-BI und THP sein. Weiters wurde festgestellt, dass GP2-bio ein Ligand von SREC-I und SR-AI ist, jedoch nicht für SR-BI. Glykosylierungsprozesse innerhalb des Baculovirussystems, welche sich vom humanen Verzuckerungsvorgängen unterscheiden, könnten für die fehlende Bindung von GP2 und SR-BI verantwortlich sein. Weiters konnte gezeigt werden, dass GP2 ein Ligand von DCs ist, welcher nach der Bindung internalisiert wird. Interessanterweise kann die Bindung von GP2 durch Präinkubation mit anti SREC-I Antikörpern nicht verhindert werden. Das weist auf zusätzliche GP2 bindende Strukturen auf DCs hin.