HINTERGRUND
Die Ruptur eines atherosklerotischen Plaques innerhalb einer epikardialen Koronararterie hat häufig den thrombotischen Verschluss ebendieses Gefäßes als Folge. Dieses Ereignis, mit häufig katastrophalen Folgen, wird als akuter Myokardinfarkt bezeichnet. Die durch den Gefäßverschluss ausgelöste Gewebshypoxie und der konsekutive Zelluntergang bewirken die Enstehung von Sauerstoffradikalen, welche eine starke Immunantwort innerhalb des Gewebes auslösen können. Die Bildung der beiden Zytokine Interleukin-1 und Tumor Nekrose Faktor alpha bewirken eine Aktivierung des mikrovaskulären Endothels, welches beginnt sowohl Chemokine zu produzieren, als auch an der Zelloberfläche Adhäsionsmoleküle zu expremieren, eine Reaktion welche die Anlockung, Anhaftung und Migration neutrophiler Granuloyzten in das myokardiale Gewebe zur Folge hat, was eine weitere Gewebsschädigung zur Folge hat. Die darüber hinausgehede Produktion und Freisetzung pro-thrombotischer und anti-fibrinolytischer Mediatoren tragen zu dem regelmäßig klinisch beobachteten „now-reflow“ Phänomen bei, welches definiert wird als Mangel an Myokardperfusion trotz angiographisch gesicherter Wiedereröffnung des Gefäßes.
Levosimendan ist ein Inodilator für die Therapie der akuten dekompensierten Herzinsuffizienz. Klinische Studien in Patienten mit akuter Herzinsuffizienz unterschiedlicher Genese haben bisher wiedersprüchliche Ergebnisse geliefert. Interessanterweise war Levosimendan besonders effektiv in Patienten welche an einer Herzinsuffizienz im Rahmen eines akuten Myokardinfarkts litten. Unsere Hypothese war daher, dass Levosimendan anti-entzündliche Effekte in aktivierten kardialen Zellen aufweist und mit dem pro-thrombotischen Phänotyp ebendieser Zellen interferiert. Dies könnte die kardioprotektiven Effekte welche aus der klinischen Praxis aber auch unter Studienbedingungen erkennbar waren zumindest teilweise erklären.
METHODEN
Humane adulte kardiale Myozyten (HACM) sowie Endothelzellen unterschiedlicher Herkunft, inklusive humanen kardialen, mikrovaskulären Endothelzellen (HHMEC), humanen aortalen Endothelzellen sowie Endothelzellen aus humanen Umbilicalvenen (HUVEC) wurden gewonnen, kultiviert und mit Interleukin-1ß sowie Thrombin stimuliert. Anschließend wurden die Zellen für 2-48 Stunden mit Levosimendan in unterschiedlicher Konzentration (0.1 - 10 µM) stimuliert und die Produktion und Expression des inflammatorischen Zytokins IL-6, des Granulozyten-anlockenden Chemokins IL-8 durch HACM sowie die Expression verschiedener Adhäsionsmoleküle sowie des pro-koagulatorischen Mediators „tissue factor“ (TF) und des anti-fibrinolytischen Proteins „plasminogen-activator inhibitor-1“ (PAI-1) mittels ELISA, rt-PCR und Durchflusszytometrie bestimmt. Weiters wurde der Einfluss von Levosimendan auf die Granulozytenadhäsion an Endothelzellen sowohl unter statischen als auch unter Flussbedingungen getestet und der Einfluss von Levosimendan auf das NF-ΚB System untersucht.
ERGEBNISSE
Die Gabe von IL-1ß induzierte eine deutliche Produktion von IL-6 und IL-8 in HACM sowie eine starke Experssion von E-Selectin und intercellular adhesion molecule-1 (ICAM-1) sowohl in HHMEC und HUVEC. Weiters wurde durch Gabe von IL-1ß und Thrombin die Produktion von PAI-1 und TF induziert. Die Behandlung dieser Zellen mit Levosimendan führte zeit- und dosisabhängig zu einer deutlich reduzierten Produktion von sowohl IL-6 und IL-8 in HACM als auch E-Selectin, ICAM-1, TF und PAI-1 in Endothelzellen. Die reduzierte Expression von Adhäsionsmolekülen führte zu einer Halbierung der Granulozytenbindung an das Endothel sowohl unter statischen- als auch unter Flußbedinungen. Die Behandlung mit 5-HD, einem selektiven Blocker mitochondrialer ATP-abhängier Kaliumkanäle führte zu einer teilweisen Aufhebung dieser anti-entzündlichen Effekte. Ebenso führte die Behandlung mit Levosimendan zu einer Reduktion der Sauerstoffradikalproduktion. Mechanistisch betrachtet interferiert Levosimendan mit dem NFκB-System. Überraschenderweise verhindert Levosimendan weder die Phosphorylierung von IκBα, noch die nukleäre Translokation oder DNA-Bindung der p50 und p65 Untereinheit, während die NF-κB Aktivität deutlich eingeschränkt wurde, wie durch durch Reporter-Gen Analysen gezeigt werden konnte. Diese Konstellation konnte durch post-translationelle Modifikation an der p65 Untereinheit erklärt werden, da Levosimendan die IL-1 induzierte Phosphorylierung von S536, einer Stelle welche an der transactivation domain 1 auf p65 lokalisiert ist inhibiert.
KONKLUSION
Der Inodilator Levosimendan schwächt die Entzündungsreaktion aktivierter kardialer Myozyten und Endothelzellen durch reduzierte Zytokinproduktion und Reduktion der Granulozytenadhäsion an das Endothel deutlich ab. Sollten diese Effekte auch in vivo am Menschen aktiv sein, stellt dies eine mögliche Erklärung für die protektiven Effekte von Levosimendan in Patienten mit Myokardinfarkt-bedingter Herzinsuffizienz dar.