Die Leader Protease (Lpro) des Maul- und Klauenseuche Virus ist ein vielversprechendes Zielobjekt zur Entwicklung von antiviralen Medikamenten. Lpro ist das erste Protein, welches im viralen RNA Genom kodiert ist. Die Translation kann an zwei alternativen Startkodons initiiert werden, die zur Bildung von Labpro und Lbpro führen, welche sich durch 28 Aminosäuren am N-Terminus unterscheiden. Während einer viralen Infektion entsteht durch die Entfernung von sechs bis sieben Aminosäuren vom C-Terminus eine dritte Form, die sLbpro genannt wird. Lpro schneidet sich selbst durch einen intra- (cis) oder intermolekularen (trans) Prozess vom viralen Polyprotein, wobei gezeigt wurde, dass die cis Reaktion bevorzugt wird.
Die Hemmung von Lpro verhindert seine Abtrennung vom Kapsidprotein VP4, welches dadurch nicht länger in der Lage ist sich korrekt in das virale Kapsid einzugliedern. Um potente und spezifische Wirkstoffe gegen Lpro entwickeln zu können, ist es entscheidend die Substratspezifität und den Mechanismus der Selbstprozessierung der Protease genau zu verstehen. Diese Arbeit beschreibt daher eine Vielzahl an Experimenten zu diesem Zweck.
Über die Struktur der "Prime"-Seite der Substratbindungsregion von Lpro gibt es nur spärliche Informationen. Aus diesem Grund haben wir die Kristallstruktur von sLbpro im Komplex mit dem Epoxid-basierten Inhibitor E64-R-P-NH2 bestimmt. Die Struktur zeigt die Interaktion von Arg und Pro des Inhibitors mit den S1' und S2' Bindungsstellen von sLbpro. Des Weiteren gibt die Struktur eine Erklärung wie Lbpro durch die einzigartige Anordnung von den drei sauren Aminosäuren Asp 49, Glu 96 und Glu 147 in der Substratbindungsstelle basische Aminosäuren an der P1 und der P1' Position akzeptieren kann.
Des Weiteren wurde die unterschiedliche Enzymaktivität von Lbpro und sLbpro gegenüber Polyprotein-Substraten untersucht. Die Spalteffizienz von Lbpro wurde weder durch Mutationen an der P1 und P1' Stelle noch durch die Substitution mit der eIF4GI-Spaltstelle beeinflusst. Im Gegensatz dazu sank die Effizienz von sLbpro mutierte Polyprotein-Spaltstellen zu schneiden deutlich und das Substrat mit der eIF4GI-Spaltstelle konnte überhaupt nicht geschnitten werden. Durch die Einfügung von weiteren 70 Aminosäuren von eIF4GI, die die zuvor charakterisierte Bindungsstelle für Lbpro enthielt, konnte die Effizienz von sLbpro die eIF4GI-Spaltstelle zu schneiden allerdings wieder hergestellt werden. Demnach wird für die effiziente Spaltung von eIF4GI und dem Polyprotein-Substrat die stabilisierende Interaktion von der eIF4GI-Bindungsstelle oder der letzten sechs Cterminalen Aminosäuren benötigt. Die Tatsache, dass Lbpro und sLbpro gleichzeitig in der infizierten Zelle vorkommen könnte auf einen Mechanismus hindeuten um die Enzymeigenschaften während der viralen Infektion zu modifizieren.
Darüber hinaus nahmen wir uns vor die Struktur und Dynamik der intramolekularen Selbstprozessierung von Lbpro mittels NMR zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden Lbpro-Varianten untersucht, deren C-Terminus um fünf Aminosäuren verlängert war. Es konnten Änderungen an der chemischen Verschiebung von bestimmten Aminosäuren der Substratbindungskluft festgestellt werden, die auf eine intramolekulare Interaktion zwischen dem C-Terminus und der Substratbindungsstelle hindeuten. Allerdings, konnten keine Signale für C-terminale Aminosäuren detektiert werden, die mit der Substratbindungskluft interagierten. Im Gegensatz dazu, konnten für C-terminale Aminosäuren, die ungebunden waren und nicht interagierten, in der Tat Signale beobachtet werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch die innewohnende Eigenschaft des C-Terminus nur flüchtig zu interagieren die direkte Untersuchung des C-Terminus während der intramolekuaren Prozessierung schwierig ist.