Die Erkrankung multiple Sklerose (MS) betrifft das zentrale Nervensystem mit fokalen, entzündlich-entmarkenden Herden in weißer und grauer Hirnsubstanz sowie mit Neurodegeneration. Derzeit lässt sich schubförmige MS gut antientzündlich behandeln, nicht jedoch das progressive Stadium. Die für progressive MS typische kortikale Entmarkung korreliert mit allgemeiner und kognitiver Beeinträchtigung der Patienten und käme als Marker für klinische Studien an Patienten mit progressiver MS infrage, ist jedoch nur beschränkt mittels Magnetresonanztomographie (MRT) darstellbar. In letzter Zeit wenden sich Forscher wieder vermehrt der Rolle von Eisen in der MS zu, auch weil Eisen gut im MRT darstellbar ist. Im menschlichen Gehirn finden sich beachtliche Mengen an Eisen im Myelin, das gleichzeitig primäres Angriffsziel des Immunsystems bei MS ist. Durch seine Eigenschaft, Radikalproduktion zu katalysieren, ist Eisen jedoch potenziell toxisch.
Mehr und mehr wird oxidativer Schaden als Folge von Radikalen in MS-Läsionen für pathogenetisch bedeutsam erachtet. Phagozyten und mitochondrialer Schaden in den MS-Läsionen sind eine Quelle von Sauerstoffradikalen. Treffen diese auf von zerstörtem Myelin freigesetztes Eisen, könnte eine Amplifizierung der Radikalproduktion eintreten, die die therapeutisch nicht zugängliche Neurodegeneration in der MS zu erklären in der Lage wäre. In der vorliegenden Arbeit haben wir formalinfixiertes Hirngewebe von 33 MS-Patienten und 30 Kontrollen histopathologisch untersucht. Dazu wurden die Gewebe mithilfe der Diaminobenzidin-verstärkten Turnbullblaumethode zur Eisendarstellung sowie mittels Immunhistochemie zur Detektion von eisenrelevanten Proteinen und oxidierten Phospholipiden behandelt. In einer nachfolgenden Studie wurden 2 MS-Fälle post-mortem mit einer eisensensitiven 7-Tesla-MRT-Sequenz gescannt und für Eisen und Myelin gefärbt, um die MRT-Sensitivität für kortikale MS-Läsionen zu ermitteln.
Areale mit intaktem Myelin in den 33 MS-Fällen zeigten einen Eisenverlust im Vergleich zu Kontrollen. In frühen MS-Läsionen waren extrazelluläres Eisen und oxidierte Phospholipide in degenerierenden Axonen nachweisbar. Sowohl in der weißen Substanz als auch in der Hirnrinde zeigten inaktive Läsionen einen Eisenverlust. In den MRT-Bildern waren 46% der histologisch verifizierten kortikalen Läsionen darstellbar. Eisenverlust im intakten Myelin könnte der verstärkten Radikalbildung durch freigesetztes Eisen in MS-Läsionen entgegenwirken.
Eisenverlust in kortikalen Läsionen mag zwar zu einer erhöhten Sensitivität eisensensitiver MRT-Sequenzen beitragen, von einer vollständigen Darstellung kortikaler Entmarkung ist man aber weiterhin weit entfernt.