Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische durch Demyelinisierung gekennzeichnete entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Große Fortschritte konnten in der Aufklärung der Entzündung und Neurodegeneration zugrunde liegenden Mechanismen erzielt werden. Eine Vielzahl von verschiedenen Tiermodellen trug zu einem besseren Verständnis der MS-Pathologie und fundamentalen immunologischen Konzepten bei. Außerdem ermöglichten experimentelle Modelle die Entwicklung von immunmodulatorischen Therapien für MS Patienten. Die Forschung der letzten Jahre erbrachte wichtige Hinweise dafür, dass oxidativer Schaden eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Neurodegeneration in der MS spielt. Daher war unser Ziel, die Beschaffenheit und das Ausmaß von oxidativem Schaden in verschiedenen Tiermodellen zu ermitteln und direkt mit MS Läsionen zu vergleichen.
Hierbei konzentrierten wir uns auf die Expression von freien Radikale-produzierenden Enzymen (die essentielle Untereinheit der NADPH Oxidase p22phox und die induzierbare Stickstoffmonoxid Synthetase, iNOS), die Anreicherung von oxidierten Phospholipiden und Eisen, das oxidativen Schaden verstärken kann. Die Erkrankungen in den verschiedenen Tiermodellen wurden durch unterschiedliche inflammatorische Mechanismen induziert, die jeweils andere Aspekte der MS Pathologie repräsentieren. Das einzige Modell, in dem wir annähernd so viel oxidativen Schaden wie in MS Läsionen detektierten, war die durch Coronavirus-Infektion hervorgerufene demyelinisierende Encephalomyelitis. In der MS als auch im Coronavirus-Modell war der oxidative Schaden mit einer massiven Aktivierung der Mikroglia und Makrophagen verbunden. Diese zeichnete sich durch ausgeprägte Expression von p22phox und geringes Vorkommen von iNOS aus. Das zweite in unsere Studie eingeschlossene Virusmodell war eine chronische Demyelinisierung, die durch Theiler´s Virus (TMEV) verursacht wurde. In diesem Fall erreichte jedoch die Expression von p22phox in aktivierten Mikroglia und Makrophagen nicht das Ausmaß des Coronavirus-Modells. Außerdem konnten wir im TMEV-Modell oxidative Schaden zwar detektieren, aber zu einem geringeren Grad als im Coronavirus-Modell. Die iNOS Expression erschien in beiden Modellen ähnlich gering. Läsionen, die durch den passiven Transfer von T-Zellen hervorgerufenen wurden, zeigten massive p22phox und iNOS Expression in der akuten Phase der Entzündung. Ähnlich dazu fanden wir p22phox exprimierende Makrophagen in Tieren mit chronischen Läsionen, die durch T-Zellen und Makrophagen hervorgerufen wurden, aber im Gegensatz dazu wenige iNOS positive Zellen. Chronische Läsionen von Antikörpern mediierter Demyelinisierung enthielten phagozytisch aktive Makrophagen, die aber keine Expression von p22phox oder iNOS zeigten. In akuten Läsionen, die durch den Transfer von CD8+ T-Zellen oder Mechanismen des angeborenen Immunsystems hervorgerufen wurden, detektieren wir die Expression von p22phox in Mikroglia und Makrophagen. Im Gegensatz dazu war iNOS nur geringfügig zu finden. Zusätzlich zum oxidativem Schaden und den verschiedenen Expressionsmustern von p22phox und iNOS, untersuchten wir auch den Einfluss von Eisen in den jeweiligen experimentellen Modellen. Die alters-abhängige Eisenanreicherung in Oligodendrozyten und dessen Freisetzung, die man in MS Läsionen findet, werden nur wenig in Tiermodellen widergespiegelt. Wir versuchten die Rolle von Eisen in der Neurodegeneration mittels Zellkultur zu studieren, konnten eine Eisen Anreicherung aber nur in Mikroglia und nicht in Oligodendrozyten hervorrufen. Unsere Studie zeigt, dass in den verschiedenen Tiermodellen der MS auch ein unterschiedliches Muster von oxidativem Schaden zu finden ist, dessen Ausmaß aber in den wenigsten Fällen jenes der MS erreicht. Dies liegt möglicherweise daran, dass den Tiermodellen mögliche Amplifizierungsmechanismen fehlen, die in der MS Pathogenese eine wichtige Rolle spielen.