Hintergrund und Ziel: Evaluation von Spätnebenwirkungen sowie Überleben nach risikoadaptierter 3D-konformaler Strahlentherapie mit 70 bzw. 74Gy bei lokalisiertem Prostatakarzinom im Rahmen einer prospektiven österreichisch-deutschen Phase II Multicenter-Dosiseskalationsstudie.
Material und Methode: Zwischen 03/1999 und 07/2002 wurden 486 Prostatakarzinom-Patienten zur Studie angemeldet. 441 (90.7%) wurden ausgewertet. Patienten der niedrigen und mittleren Risikogruppe erhielten 70Gy während Patienten der hohen Risikogruppe mit 74Gy Gesamtdosis bestrahlt wurden. Zusätzliche Hormontherapie wurde für Patienten der Mittel- und Hochrisikogruppe empfohlen. Gastrointestinale (GI) und urogenitale (UG) Spätnebenwirkungen nach EORTC/RTOG Kriterien, ihr erstmaliges Auftreten, Prävalenz und Dauer wurden untersucht.
Zusätzlich wurden das biochemisch rezidivfreie Intervall (Phoenix Definition/ Nadir + 2), gesamt- und krankheitsspezifisches Überleben ermittelt.
Ergebnisse: Das mediane Follow-up betrug 90 Monate (2-158) für alle 441 Patienten und 99 Monate für die lebenden Patienten. Bei 154 (35%) Patienten lag der Nachsorgezeitraum bei >= 120 Monaten. Hinsichtlich der Risikogruppen verteilten sich 26% der Patienten auf die Niedrig-, 51% auf die Mittel- und 23% auf die Hochrisikogruppe. 86% der Patienten erhielten eine Hormontherapie vor der Strahlentherapie.
Gastrointestinale Nebenwirkungen nach 5- und 10 Jahren lagen bei 29%/32% (70/74Gy) und bei 30%/35% (70/74Gy) als aktuarische Raten; p=0.67.
Urogenitale Nebenwirkungen lagen nach 5- und 10 Jahren bei 17%/26% (70/74Gy) und bei 27%/34% (70/74Gy); p=0.12. Maximal 15% (GI) und 15% (UG) der Patienten litten an Grad >=2 Nebenwirkungen zu jedem Zeitpunkt nach Ende der Strahlentherapie (Prävalenz). Der Anteil von Patienten die unter schweren Nebenwirkungen (Grad 3 GI: 2%, UG: 10%) litten war sehr gering. Die 10-Jahresrate für das biochemisch rezidivfreie Intervall nach der Phoenix Definition betrug 65%, 70% und 58% in Niedrig-, Mittel-, und Hochrisikogruppe. Gesamt- und krankheitsspezifisches Überleben lag bei 67% bzw. 91% für alle Patienten.
Schlussfolgerung: Dosiseskalation führte zu keinem signifikanten Anstieg an gastrointestinalen oder urogenitalen Nebenwirkungen. Der Großteil der GI-Nebenwirkungen trat innerhalb von 5 Jahren nach Ende der Strahlentherapie auf, während UG-Nebenwirkungen über den gesamten post-therapeutischen Nachsorgezeitraum zu beobachten sind. Nach einem medianen Follow-up von 90 Monaten waren 6% der Patienten am Prostatakarzinom verstorben. Die biochemischen Kontrollraten von 80% nach 5- bzw. 70% nach 10 Jahren bestätigen eine Dosis von über 70 Gy auch für Niedrig- und Mittelrisikogruppe, wie sie in heutigen Behandlungszentren bereits üblich ist. Insbesondere für das biochemische krankheitsfreie Intervall zeigten die erhöhten Dosen einen Vorteil, wobei ein eindeutiger Vorteil für das Gesamtüberleben bislang nicht bewiesen werden konnte gerade wenn die Strahlentherapie durch eine Hormontherapie ergänzt wurde.