Fisch kann schwerwiegende, zuweilen auch lebensbedrohliche allergische Symptome in sensibilisierten Individuen auslösen. Aufgrund der globalen Zunahme des Fischkonsums, der Aquakultur und des Handels mit Fischen und Fischprodukten werden eine detaillierte Charakterisierung von Fischallergenen sowie eine umfassende Diagnostik zur Sicherheit fischallergischer Patienten immer gefragter. Obwohl das in den Knochenfischen (Osteichthyes) reichlich vorhandene beta Parvalbumin weltweit als das Fisch-Hauptallergen anerkannt ist und als stark kreuzreaktiv angesehen wird, gibt es Berichte über Monosensibilisierungen gegen Parvalbumine bestimmter Fischspezies sowie gegen andere Fischallergene wie Aldolase, Enolase und Tropomyosin. Die entwicklungsgeschichtlich unterschiedliche Fischklasse der Knorpelfische (Chondrichthyes) enthält hauptsächlich eine andere Abstammungslinie von Parvalbuminen, nämlich die alpha Parvalbumine. Diese sind in Bezug auf ihre Allergenität nicht gut charakterisiert und werden häufig als geringer allergen als die Parvalbumine der beta Abstammungslinie betrachtet. Die große Vielfalt der verfügbaren Fischarten und deren Allergenität stellen daher eine Herausforderung an die präzise Diagnose der Fischallergie. Es werden Studien benötigt, um das allergene Potenzial entwicklungsgeschichtlich unterschiedlicher Fischarten und ihrer Kreuzreaktivitäten besser zu verstehen und neue Allergene für die nach Komponenten aufgelöste Diagnose der Fischallergie zu charakterisieren.
Die Sensibilisierung gegen Fisch kann durch die Exposition gegen Fischallergene über den Verdauungstrakt, die Atemwege oder die Haut erfolgen. Die hohe Prävalenz der Fischallergie bei Arbeitnehmern in der Verarbeitung von Meeresfrüchten führte zu der Annahme, dass andere Sensibilisierungswege als über den Verzehr für dieses Phänomen hauptsächlich verantwortlich seien. Jedoch wurden noch keine Studien durchgeführt, die die Interaktion von Fischallergenen mit Epithelzellbarrieren und anderen Bestandteilen des Immunsystems untersuchten, und zwar mit dem Ziel, die Mechanismen der allergischen Sensibilisierung gegen Fisch über verschiedene Expositionswege zu untersuchen.
Das Ziel dieser Dissertation war, das Wissen über das Allergene Potenzial unterschiedlicher Fischklassen in Bezug auf ihre klinische Reaktivität und die Interaktion mit dem Immunsystem zu erweitern, und neue Fischallergene zur Verbesserung der Diagnose von Fischallergie zu charakterisieren.
Kapitel I bietet eine Übersicht über die Pathogenese allergischer Erkrankungen und die spezifischen Charakteristiken von Nahrungsmittelallergien. Es führt den Leser in den gegenwärtigen Wissensstand über Fischallergie sowie die biochemischen und immunologischen Charakteristiken bekannter Fischallergene ein und erklärt die gebräuchlichen diagnostischen Verfahren und Strategien für das Patientenmanagement.
In der ersten Studie, die im Kapitel II beschrieben wird, wurde eine umfassende Untersuchung der Allergenität von Knorpelfischen und deren alpha Parvalbuminen an Patienten durchgeführt, die gegen Knochenfische allergisch waren. Wir berichten über die niedrige Reaktivität gegen Nagelrochen, einen Knorpelfisch, mittels Hautpricktests, sowie über die Toleranz bei den meisten Patienten nachgewiesen mittels Nahrungsmittelprovokation. Die Bindung von IgE an alpha Parvalbumine zweier Arten von Knorpelfischen (Nagelrochen und australischer Glatthai), getestet mittels IgE ELISA, und das Potenzial Basophile zu aktivieren, getestet mittels Basophilen Aktivierungstest, war niedriger als von beta Parvalbuminen verschiedener Knochenfischarten. Das wies auf eine niedrigere Allergenität der alpha Abstammungslinie der Parvalbumine hin. Die wichtigste Bedeutung dieser Studie ist ihr Potenzial die Diagnose von Fischallergie durch das Hinzufügen von Knorpelfischarten zum Diagnosepanel zu verbessern, was letztendlich das Wohlbefinden der Patienten verbessert indem es die strengen diätetischen Einschränkungen verringert und eine diätetische Alternative zu Knochenfischen anbietet.
Kapitel III beschreibt die Studie mit dem Fokus auf dem Verständnis der Mechanismen der allergischen Sensibilisierung gegen Fisch über die Atemwege, was höchst relevant für die berufsbedingte Exposition ist. Wir exponierten 16HBE14o- bronchiale Epithelzellen gegen Parvalbumine von Knorpel- (atlantischer Kabeljau) und Knochenfischen (australischer Glatthai) sowie gegen niedermolekulare Bestandteile der Fischmatrix und beobachteten die Eigenschaften Der Epithelbarriere und die Freisetzung von Zytokinen. Es konnte der Transport der Parvalbumine durch die intakte Epithelzellbarriere für beide Parvalbumintypen gezeigt werden, mit einem Hinweis auf die transzelluläre Route. Es konnten keine Veränderungen bei der Freisetzung proinflammatorischer Zytokine durch die Zellen infolge der Exposition gegen die Parvalbumine beobachtet werden. Eine Rolle von niedermolekularen Bestandteilen der Allergenquelle bei der Sensibilisierung war bereits für Pollen vorgeschlagen worden. In unserer Studie zeigten die niedermolekularen Bestandteile von Kabeljau eine unterschiedliche Wirkung als die vom Glatthai auf die Epithelzellen, indem sie die Durchlässigkeit der Barriere und die Freisetzung von CCL2, das für die Sensibilisierung benötigt wird, erhöhten. Die Matrix der Knochenfische kann daher adjuvante Bestandteile enthalten, die für die allergische Sensibilisierung benötigt werden, die aber in der Matrix der Knorpelfische fehlen. Ein erweitertes Verständnis dieser Bestandteile und des Mechanismus der allergischen Sensibilisierung könnten zur Entwicklung neuer therapeutischer und prophylaktischer Strategien führen.
Die Studie, die im Kapitel IV abgehandelt wird, zielt auf das Verständnis der Wichtigkeit des Typ I Kollagen von Fischen als Allergen in einer australischen Patientenpopulation. Obwohl Kollagen in Fischgeweben reichlich vorhanden ist, wird es mit den gängigen Verfahren, die zur Herstellung von Extrakten für die Diagnose verwendet werden, kaum extrahiert. Daher wurde die IgE Sensibilisierung gegen dieses Protein oft übersehen. In der Folge wurde die Allergenität von Fischkollagen nicht gut verstanden. Die meisten Studien, die IgE Binding an dieses Protein zeigten, wurden an japanischen Patientenkohorten durchgeführt. Die Exposition gegen Fischkollagen passiert wahrscheinlich nicht nur beim Genuss von Fisch, sondern auch zufällig infolge seiner Anwesenheit in verschiedenen medizinischen und kosmetischen Produkten sowie der Verwendung in der Nahrungsmittelindustrie. Wir konnten IgE gegen Kollagen von drei Fischarten (Gelbflossen Thunfisch, asiatischer Seebarsch, atlantischer Lachs) in 21% der australischen Fischallergiker unserer Kohorte nachweisen. Die IgE Bindung an die unterschiedlichen alpha Ketten des Kollagens (mittels Immunoblot untersucht) war patientenspezifisch, was auf die Anwesenheit verschiedener IgE bindender Epitope auf den verschiedenen alpha Ketten des Kollagens hinwies. Darüber hinaus zeigten wir die Fähigkeit des Fischkollagens die Aktivierung von Basophilen zu induzieren und seine Relevanz als Allergen zu unterstreichen, was zur Aufnahme in die Allergendatenbank, die von der WHO und der IUIS anerkannt ist, führte. Diese Studie betonte, dass eine kontinuierliche Identifizierung und Charakterisierung neuer Allergene und deren Berücksichtigung bei diagnostischen Verfahren notwendig ist, um die Sicherheit der Patienten zu verbessern.
Zusammenfassend trägt die Forschung, die im Rahmen dieser Dissertation durchgeführt wurde, zum grundlegenden Verständnis der allergischen Sensibilisierung gegen Fisch bei, was in der Zukunft zur Entwicklung prophylaktischer und therapeutischer Strategien gegen die Fischallergie führen kann. Darüber hinaus konnten wir die Wichtigkeit biochemischer, immunologischer und klinischer Charakterisierung von neuen Allergenen, die in verschiedenen Fischarten vorhanden sind, zeigen, was zu einer verbesserten Diagnose führen kann und gleichzeitig das Gesamtwohl und die Sicherheit fischallergischer Patienten verbessert.