Der Einsatz von kieferorthopädischen Apparaturen nach Parodontitisbehandlung ist ein Thema, das bereits häufig in der Literatur diskutiert wurde. Die Ergebnisse waren teils sehr unterschiedlich. Da allgemeine Untersuchungen oft sehr kontrovers diskutiert wurden, erscheint es sinnvoll einen genaueren Blick auf die einzelnen Bewegungen werfen und diese auf die einzelnen Zahngruppen aufzuteilen, um Aufschluss darüber zu erhalten, welche Bewegungen sich positiv und welche sich negativ auf das Parodont
auswirken.
Es gab bereits Studien, die einzelne Zahnbewegungen untersuchten, allerdings konzentrierte man sich dabei meist nur auf eine Bewegung oder eine Zahngruppe, auch das interdisziplinare, standardisierte Behandlungsschema, wie es an der Universitätszahnklinik Wien durchgeführt wird, fehlte dabei.
In dieser retrospektiven Studie sollen die Zahnbewegungen: Protrusion/Retrusion, Intrusion/Extrusion, Buccal-/Palatinal bzw. Lingual-Bewegung und Mesialisierung/Distalisierung aufgeteilt in Zahngruppen: Frontzähne, Eckzähne, Prämolaren und Molaren, bei Parodontitispatienten untersucht und mit den Zähnen, die während der kieferorthopädischen Therapie nicht aktiv bewegt wurden, als Kontrollgruppe verglichen werden.
Es konnten 34 Patienten im EDV-System der Universitätszahnklinik Wien ermittelt werden, die eine Parodontitiserkrankung aufweisen, gemäß dem Wiener parodontologischen Behandlungskonzept therapiert wurden und sich danach einer Behandlung mit einer festsitzenden kieferorthopädischen Apparatur unterzogen. 734 Zähne konnten zur Analyse und Auswertung herangezogen werden, 634 Bewegungen konnten in die jeweilige Zahngruppe zugeteilt, begutachtet werden. Vor Beginn der KFO, nach Abschluss der Basistherapie bedarf es, an der Universitätszahnklinik der sogenannten KFO-Freigabe, da es Voraussetzung ist, dass die parodontale Situation stabil ist, bevor eine kieferorthopädische Behandlung begonnen werden darf. Diese Vorgabe deckt sich mit der Einigkeit der meisten Studien darüber, dass ohne Entzündungsfreiheit im oralen Bereich die parodontale Situation der Patienten sich unter Kieferorthopädie verschlimmert.
Untersucht wurden die Sondierungstiefen und der Attachmentverlust vor Beginn der KFO, 1 Jahr, 2 Jahre, 3 Jahre und nach einer Dauer von mehr als 3 Jahren danach. Diese Daten waren zugänglich, da Parodontitispatienten an der Universitätszahnklinik Wien jährlich zum Recall einberufen werden, um die parodontale Situation unter Kontrolle zu halten und ein rechtzeitiges Eingreifen zu ermöglichen.
Einige Bewegungen wiesen signifikante Veränderungen auf. Ein Attachmentgewinn konnte beispielsweise bei Buccalbewegungen der Eckzähne und der Prämolaren, Extrusion der Frontzähne, Distalisierung der Prämolaren, Mesialisierung der Prämolaren und tendenziell auch der Eckzähne beobachtet werden. Eine Verringerung der Sondierungstiefe bei Mesialisierung, Distalisierung und Buccalbewegung der Prämolaren. Die Protrusion und Retrusion der Frontbezahnung scheinen sich schlecht auf die Sondierungstiefe und das Attachmentlevel auszuwirken.
Auffallend war, dass eine länger als 3 Jahre andauernde kieferorthopädische Behandlung sich in nahezu jeder Datenerfassung signifikant schlecht sowohl auf das Attachmentlevel, als auch auf die Sondierungstiefe ausgewirkt hat.
Auf die differenzierte Betrachtung von Ober- und Unterkiefer wurde in dieser Studie, aufgrund der geringen Fallzahl verzichtet, sollte allerdings zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden, wenn mehr Fälle vorliegen.