Das Konzept der dualen Plättchenhemmung mit Aspirin und Clopidogrel ist als Standardtherapie im Rahmen einer perkutanen koronaren Intervention (PCI) etabliert. Damit geht als wesentlichste Nebenwirkung jedoch eine erhöhte Blutungsneigung einher. Das Spektrum reicht von oberflächlichen Hämatomen, welche die Lebensqualität deutlich reduzieren bis zu lebensbedrohlichen gastrointestinalen oder intrakraniellen Blutungen, welche das Absetzen der dualen Plättchenhemmung erforderlich machen. Da alle PatientInnen mit einer Standarddosis von 100mg Aspirin und 75 mg Clopidogrel, unabhängig von Alter, Geschlecht Gewicht oder Clopidogrel Metabolisierungsgrad behandelt werden, war es das Ziel unserer Studie einerseits eine Korrelation von Blutungskomplikationen mit dem Ausmaß der Reduktion der Plättchenreaktivität (Hyperresponse) zu erheben, andererseits in weiterer Folge die Effektivität und Sicherheit einer Reduzierung der dualen Plättchenhemmertherapie bei PatientInnen mit Blutungskomplikationen und Hyperresponse zu untersuchen. Diesbezüglich liegen noch keine publizierten Daten vor.
Methodik: Im Rahmen einer prospektiven monozentrischen Kohortenstudie, mit Individualisierung der dualen Plättchenhemmung nach PCI (IDEAL-PCI Register), wurde an 747 Clopidogrel-Respondern in einem ersten Schritt die Assoziation von Blutungskomplikationen mit dem Ausmaß der Plättchenhemmung, gemessen nach Stimulation mit Adenosindiphosphat (ADP) und Arachidon-Säure (ASPI) mittels Multiplate Elektrode Aggregometry (Multiplate®), durch ROC Analyse ermittelt. In einem zweiten Schritt wurde bei Hyperrespondern mit Blutungsproblemen die duale Plättchenhemmung schrittweise reduziert, um ein therapeutische Fenster zu erreichen. Als Effektivitätsparameter wurde das Sistieren der Blutungsproblematik und als Sicherheitsparameter das Ausbleiben von ischämischen Komplikationen (Stentthrombose, Myokardinfarkt, kardiovaskulärer Tod) bis zur geplanten Beendigung der dualen Plättchenhemmung definiert.
Resultate: Bei unseren 747 PatientInnen mit Clopidogrel Responder Status konnte ein Cut-Off Wert von <=25 U ADP, sowie <15 U ASPI, für das Vorliegen eines Hyperresponder Status auf Clopidogrel bzw. Aspirin ermittelt werden. Dies traf für 194 (26%) der PatientInnen zu, Frauen waren dabei signifikant häufiger betroffen (34% vs. 26%, p=0.03). In der Hyperresponder Gruppe traten signifikant mehr Blutungen auf (13% vs. 8%, p=0.05), vor allem durch vermehrte spontane Blutungen (7% vs. 2%, p=0.006) verursacht. Blutungen unter dualem Hyperresponse wurden ebenso häufiger bei Frauen verzeichnet (56% vs. 31%, p=0.01) und traten vermehrt im höheren Alter (71±10 vs. 65±11 Jahre, p=0.01) auf. Bei acht dualen Hyperrespondern mit spontanen Blutungen wurde die Clopidogrel bzw. Aspirin Erhaltungsdosis schrittweise von 75mg auf 35±7mg (p<0,001) bzw. von 100mg auf 44±28mg (p<0,001) reduziert. Damit konnte die Plättchenreaktivität signifikant bis zum Erreichen des therapeutischen Fensters gesteigert werden (ADP: von 14±8 auf 31±10 U, p<0,001; ASPI:
von 7±6 auf 19±5 U, p<0,001). Dieses Vorgehen führte zum Sistieren von gastrointestinalen Spontanblutungen sowie Rückbildung von ausgeprägten Spontanhämatomen. Bis zur 7 Beendigung der dualen Plättchenhemmung nach 12 Monaten traten keine weiteren Blutungen oder ischämische Ereignisse auf.
Schlussfolgerung: Spontane Blutungskomplikationen nach PCI treten unter dualer Plättchenhemmung mit Clopidogrel und ASS signifikant häufiger bei Patienten mit dualem Hyperresponse auf. Eine personalisierte, Multiplate© gesteuerte Reduktion der Clopidogrel und Aspirin Erhaltungsdosis zur Erreichung des therapeutischen Fensters bis zur geplanten Beendigung der dualen Plättchenhemmung erscheint sowohl effektiv hinsichtlich Minimierung der Blutungsneigung, wie auch sicher hinsichtlich ischämischer Komplikationen.