Einleitung: Patienten mit chronischen Lebererkrankungen zeigen eine hohe Anämie-Prävalenz. Entsprechende Risikofaktoren wie Blutungen, Hypersplenismus, Malnutration, Malabsorption sowie renaler Dysfunktion sind bei Leberzirrhose häufig.
Ziele und Methodik: Patienten mit fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung (ACLD, Lebersteifigkeit ≥10kPa oder hepatisch venöser Druckgradient, HVPG≥6mmHg – gemessen im Zeitraum vom 1.8.2007 und 31.12.2015) wurden retrospektiv inkludiert. Ziel der Studie war es die Prävalenz der Anämie, deren Ätiologie und Schweregrad in Bezug auf hepatische Dysfunktion und portale Hypertension zu untersuchen.
Ergebnisse: Von 494 Patienten, präsentierten sich n=324 (66%) mit Anämie (Hb M<13 g/dL, W<12 g/dL). Männliches Geschlecht (77% vs. 65%, p=0,005) und Patienten mit alkoholischer Lebererkrankung (41% vs. 19%, p<0,001) waren in der Gruppe anämer Patienten überrepräsentiert. Patienten mit Anämie hatten ein höheres Child-Pugh-Stadium (50% vs. 16% Child B/C, p<0,001), einen höheren MELD (12±4 vs. 9±3 p<0,001), sowie häufiger eine klinisch signifikante portale Hypertension (CSPH, HVPG≥10mmHg, 84% vs. 66%, p<0,001). Der Schweregrad der Anämie nahm mit steigender portalen Hypertension zu: Moderate-schwere Anämie (Hb<10g/dL) war bei 22% mit HVPG<10mmHg, 24% mit HVPG 10-19mmHg, und 36% mit HVPG≥20mmHg zu finden (p=0.031). Hämoglobinwert und HVPG zeigten eine negative Korrelation (Spearman rho: -0.382, p<0.001).
Die häufigsten Gründe für eine Anämie waren gastrointestinale Blutungen (25%) und Eisenmangel (9%) Vitamin B12/Folsäure-Mangel (8%) und die Niereninsuffizienz (5%). Nur in 47% der Fälle konnte die Genese der Anämie aus den bestehenden Daten ermittelt werden, und lediglich 6% der Patienten erhielten eine spezifische Therapie. In der multivariaten Analyse konnten MELD (odds ratio [OR] pro Punkt: 1.23 [95%CI: 1.10-1.38], p<0.001), vorangegangene Dekompensation (OR: 3.04 [95%CI: 1.55-5.96], p<0.001) und der HVPG (OR pro mmHg: 1.08 [95%CI:1.02-1.14], p=0.005) als unabhängige Risikofaktoren für das Vorliegen einer Anämie identifiziert werden.
Diskussion: Anämie tritt bei Patienten mit chronischer Lebererkrankung häufig auf und ist der Schwere der Leberfunktionsstörung sowie der portalen Hypertension assoziiert. Die diagnostische Aufarbeitung der Anämie sowie deren Management-Strategien sollten verstärkt in den klinischen Alltag integriert werden