Hintergrund: Der Begriff Sarkopenie ist als Reduktion von Muskelmasse und -funktion definiert. Dies tritt sehr häufig in der alternden Bevölkerung aber wird oft nicht oder erst sehr spät diagnostiziert. Bisher basiert die Diagnose hauptsächlich auf der Dual-Röntgen-Absorptiometrie oder der Computertomografie der abdominellen Muskelmasse, jedoch kommt es bei der Verwendung dieser Methoden zu einer zusätzlichen Strahlenbelastung für den Patienten sowie zu erhöhten Kosten für das Gesundheitswesen, wenn die Untersuchung lediglich zu diesem Zwecke durchgeführt wird. Es wurde daher vermutet, dass auch kraniofaziale Muskeln als Marker zur Diagnose von Sarkopenie herangezogen werden können.
Ziel: Das Ziel dieser Diplomarbeit war es altersbezogene, standardisierte Referenzwerte der Musculus temporalis (M. temporalis) Dicke in einer gesunden Studienkohorte zu bestimmen und den Einfluss von Alter und Geschlecht auf die Dicke des M. temporalis zu erheben. Des Weiteren wurden die Messwerte der M. temporalis Dicke, welche sowohl von der Diplomstudentin als auch einer Fachärztin für Radiologie erhoben wurden, korreliert.
Design: Die Studie wurde als retrospective monozentrische Studie geplant.
Studienteilnehmer: Es wurden die Bilder von 101 gesunde männliche und weibliche Probanden im Alter von 19-68 Jahren, welche mittels kranialer Magnet Resonanz Tomografie (MRT) Untersuchung wurden, von der MIDAS – Community Designed Database of MR Brain Images of Healthy Volunteers Datenbank evaluiert.
Methoden: Die Dicke des M. temporalis wurde auf T1-gewichteten Bildern in axialer Ebene quer zur Längsachse des M. temporalis anhand definierter anatomischen Orientierungspunkte vermessen. Die Dicke des M. temporalis wurde bei allen Patienten auf beiden Seiten sowohl von der Diplomstudentin als auch von der Fachärztin für Radiologie erhoben. Von diesen vier Messungen wurde je ein Durchschnittswert der M. temporalis Dicke pro Proband berechnet. Mittels einfacher ANOVA wurde der Einfluss von Alter und Geschlecht auf die Dicke des M. temporalis evaluiert und ein post-hoc test wurden angewandt um die Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Altersgruppen zu bestimmen. Eine Pearson Korrelation wurde verwendet um die Inter-Rater-Reliabilität zwischen den zwei Untersuchern zu erheben.
Ergebnisse: Die einfache ANOVA konnte einen signifikanten Einfluss von Alter und Geschlecht auf die Dicke des M. temporalis aufzeigen. Der post-hoc Test ergab signifikante Unterschiede in der Dicke des M. temporalis zwischen den ältesten und jüngsten Studienkohorten. Es konnte eine hohe Korrelation der Messwerte der M. temporalis Dicken zwischen der Diplomstudentin und der Fachärztin für Radiologie nachgewiesen werden.
Schlussfolgerung: Diese Diplomarbeit stellt alters- und geschlechtsbezogene Referenzwerte für die dicke des M. temporalis zur Verfügung und konnte zudem zeigen, dass die Dicke des M. temporalis als einfach anzuwendender und reproduzierbarer Parameter problemlos in den klinischen routinemäßigen diagnostischen Prozess einbezogen werden könnte. Wir hoffen, dass die Ergebnisse dieser Studie dabei helfen können, das Risiko für Fragilität und Sarkopenie bei Patienten mit zerebralen Erkrankungen, bei denen lediglich kranielle Bildgebungsmodalitäten vorliegen, aufzuzeigen. Allerdings sind weitere prospektive Studien, welche sich auf die Korrelation von der Dicke des M. temporalis und klinischen Fragilitäts-Parametern fokussieren, notwendig, um die M. temporalis Dicke als Surrogatparameter für Sarkopenie zu implementieren.