Zusammenfassung
Hintergrund: Systemische Faktoren können die physiologischen und pathologischen Remodellierungsvorgänge im parodontalen Gewebe als Reaktion auf äußerlich angewandte Krafteinwirkung im Zuge der kieferorthopädischen Zahnbewegung verändern. In der klinischen Praxis ist es von großer Bedeutung, Krankengeschichte und aktuelle medikamentöse Therapien der Patient_innen vor der Behandlungsplanung zu eruieren.
Suchstrategie: Die systematische Literaturübersicht wurde in Anlehnung an die PRISMA-Leitlinien herausgearbeitet. Die Suche erfolgte primär in den Datenbanken PubMed und Cochrane Database of Systematic Reviews bis einschließlich Mai 2018. Unterstützend wurden Google Scholar und EbscoHost Dentistry & Oral Sciences Source herangezogen. Gewählt wurden nur tierexperimentelle Studien, wobei nicht randomisierte Interventionsstudien, prospektive und retrospektive Beobachtungsstudien, nicht experimentelle Studien (Fallserien und Fallberichte) und Expertenmeinungen ohne wissenschaftliche Begründung keine Berücksichtigung fanden.
Ergebnisse: 69 tierexperimentelle Studien im Hinblick auf unterschiedliche Grunderkrankungen, pharmakologische Wirkstoffe und Suchtmittel und deren Zusammenhang mit kieferorthopädischer Zahnbewegung wurden identifiziert und ausgewertet. Es wurde gezeigt, dass die Geschwindigkeit der induzierten Zahnbewegung und die entsprechenden Knochenremodellierungsprozesse durch Diabetes mellitus und Osteoporose verzögert wurden. Parodontitis und Nikotinabusus beschleunigten hingegen die Zahnbewegung, führten zugleich zu erheblich höherem Knochenverlust und geringerer Knochendichte.
Nicht-selektive NSAR und selektive COX-2 Hemmer mit Ausnahme von Celecoxib, Bisphosphonate, adrenerge beta-Antagonisten, AT-1 Rezeptorblocker und Kalziumantagonisten hemmten die Zahnbewegung. Demgegenüber wurde diese durch Corticosteroide bei gleichzeitiger Hemmung der Knochenbildung und beschleunigter Knochenresorption gefördert. Die topische Bisphosphonat-Anwendung während und knapp nach dem Ende der kieferorthopädischen Zahnbewegung könnte ein Rezidiv der bewegten Zähne verhindern und einen pharmakologischen Verankerungseffekt erzeugen.
Schlussfolgerungen: Endogene Faktoren wie einige Grunderkrankungen sowie exogene Faktoren wie häufig verschriebene sowie rezeptfreie pharmakologische Präparate haben heterogene Auswirkungen auf die kieferorthopädische Zahnbewegung. Die Forschungsliteratur dazu ist lückenhaft und liefert teilweise widersprüchliche Ergebnisse