Hintergrund
Die prothetische Versorgung der posterioren Maxilla mit Zahnimplantaten erweist sich auf Grund von reduziertem Knochenangebot in dieser Region oftmals als herausfordernd. Verschiedene Studien untersuchten bereits die zu Grunde liegenden morphologischen Veränderungen des Alveolarkamms nach Zahnverlust. Die Rolle der Sinuspneumatisation sowie der Resorption des Alveolarkamms wurden jedoch nicht ausreichend beleuchtet.
Diese durch Atrophie bedingten Veränderungen des Alveolarkamms wurden in einigen Klassifikationen beschrieben; die Ausdehnung des Sinus maxillaris in den Alveolarkamm, die einen signifikanten Einfluss auf die verbleibende Höhe des Alveolarkamms hat, wurde jedoch nicht berücksichtigt.
Sinus Augmentation ist heutzutage eine Standardtechnik für die Wiederherstellung des Knochenvolumens in der zahnlosen posterioren Maxilla um das Einbringen von Zahnimplantaten zu ermöglichen. Eine Vielfalt an verschiedenen Techniken stehen zur Verfügung und der adäquate Zugang muss im Hinblick auf die Höhe des verbliebenen Alveolarkamms sowie die lokale Anatomie gewählt werden.
Am häufigsten erfolgt die Sinus Augmentation über einen lateralen Zugang, wobei ein palatinaler Zugang gewisse Vorteile, wie günstiges Weichgewebsmanagement und beinahe keinerlei äußerlich sichtbare Schwellung bietet.
Methoden
Eine retrospektive Studie wurde in Computertomographien von 200 bezahnten und 200 unbezahnten Patienten durchgeführt (jeweils 100 Frauen und 100 Männer). Nach händischem Setzen von Referenzpunkten in beiden Sinus eines jeden Patienten erfolgte eine morphometrische Analyse. Nachdem die Sinus mit generalisierter Prokrustes Analyse ausgerichtet wurden erfolgte eine Hauptkomponentenanalyse.
Ergebnisse
Patienten in der unbezahnten Gruppe waren signifikant älter (Frauen: 67.77±11.28 Jahre, Männer: 65.22±9.87 Jahre) als Patienten in der bezahnten Gruppe (Frauen: 46.89±16.77 Jahre, Männer: 49.74±16.2 Jahre). Das Alter war nicht signifikant unterschiedlich zwischen den Geschlechtern. Die Alveolarkammhöhe unterschied sich signifikant zwischen bezahnten (9.7±4.1 mm) und unbezahnten Patienten (7.1±4.3 mm). Die Hauptkomponentenanalyse konnte 90% der Varianz in der Sinusmorphologie erklären.
Die Sinus konnten in vier neu definierte Klassen basierend auf der Ausdehnung in den Processus alveolaris eingeteilt werden: Klasse I (über dem harten Gaumen), Klasse II (0-6mm unter dem harten Gaumen) und Klasse III (>6mm unter dem harten Gaumen). Die Sinustiefe variierte nicht signifikant zwischen den Geschlechtern oder den Zahngruppen. Der Sinus Öffnungswinkel war signifikant unterschiedlich in den unterschiedlichen Sinusklassen im Gegensatz zu Geschlecht oder Zahngruppen.
Die Sinus wurden in vier Gruppen entsprechend der verbleibenden Alveolarkammhöhe eingeteilt: Gruppe 1 (0 ≤ x < 4), Gruppe 2 (4 ≤ x < 8), Gruppe 3 (8 ≤ x < 12) und Gruppe 4 (>12). Ideale anatomische Voraussetzungen für eine Sinus Augmentation über einen palatinalen Zugang wurden in 93.6% der Gruppe 1 Sinus, 73.7% der Gruppe 2 Sinus, 23.5% der Gruppe 3 Sinus und 5.4% der Gruppe 4 Sinus gefunden.
Konklusion
Wir konnten in dieser Arbeit einen Einblick in die Atrophie bedingten Prozesse in der Region des Sinusbodens und des Alveolarkamms geben. Die Hauptkomponentenanalyse zeigte, dass Resorption des verbliebenen Alveolarkamms hauptsächlich in zentrifugaler Richtung auftritt. Des weiteren konnten wir zeigen, dass Sinustiefe eher als konstitutionelle Eigenschaft angesehen werden kann und dass Änderungen in dieser Region unabhängig vom Zahnstatus auftreten. Eine neue Klassifikation für Sinus Augmentation, erstellt an Hand der Quartilen der Sinustiefe wurde vorgeschlagen. Diese neue Klassifikation teilt die Sinus in drei Klassen ein: Klasse I (über dem harten Gaumen), Klasse II (0-6mm unter dem harten Gaumen) und Klasse III (>6mm unter dem harten Gaumen).
Der palatinale Zugang ist in 93.6% der Patienten mit Indikation für eine Sinus Augmentation (Knochenhöhe <8mm) durchführbar, wohingegen der konventionelle bukkale Zugang bei allen Patienten möglich ist. Der palatinale Zugang ist oftmals durch geringe Alveolarkammhöhe und große palatinale Knochendicke limitiert.