Der multispezifische Efflux-Transporter P-Glykoprotein (P-gp, ABCB1) ist ein Mitglied der ABC Transporter-Superfamilie. P-gp spielt eine wichtige Rolle in der Arzneimitteldisposition und Arzneistoffresistenz. Ein besseres Verständnis der Struktur und Funktion ist deshalb wichtig für die Entwicklung neuartiger Therapeutika. Die zwei Transmembrandomänen des P-gp bilden Translokationspfade an ihrer Grenzfläche, die den Transport strukturell unterschiedlicher Verbindungen durch die Plasmamembran ermöglichen. Die Pseudosymmetrie des Transporters impliziert die Existenz zweier Bindungsmodi. Substanzen bevorzugen in der Regel einen der beiden. Wir identifizierten zwei konservierte Tyrosinreste, Y950 und Y953, in dem von Propafenonen bevorzugten Translokationspfad. Bekannterweise sind Tyrosinreste essentiell für die molekulare Erkennung in biologischen Systemen.^ Das erste Ziel dieser Arbeit war es, die Rolle der Hydroxylgruppen der beiden Tyrosine zur Bildung von Wasserstoffbrücken mit Rhodamin 123 (Rh123) und Propafenonen zu untersuchen. Wir konnten zeigen, dass die Tyrosine Y950 und Y953 Wasserstoffbrückenbindungen mit Rh123 beziehungsweise mit Propafenonen bilden. Darüber hinaus konnten wir die Existenz der eingangs erwähnten Bindungsmodi bestätigen. Die zweite Fragestellung betraf Konformationsänderungen des Proteins, die für die Erreichung der auswärts-gerichteten Konformation erforderlich sind.
Dafür lieferte die Kristallstruktur von Sav1866 einen idealen Ausgangspunkt. Die Kristallstruktur zeigt auf der extrazellulären Seite des Proteins eine Auftrennung in zwei helikale Bündel, die flügelartige Ausläufer des Transporters bilden.^ Mutation von Resten in Helices 6 und 12 auf der extrazellulären Seite des Proteins zu Cysteinen erlaubte, die Flexibilität dieser flügelartigen Ausläufer des Proteins in einer Membranumgebung zu studieren und zu untersuchen, wie nahe sie sich kommen können. Eine spontane Bildung von Cystein-Disulfidbrücken konnte gezeigt werden, die durch die Gegenwart von Cu-ionen als Oxidans zur Vollständigkeit getrieben werden konnten. Die Anwesenheit von Nukleotiden veränderte den Anteil des cross-gelinkten Transporters nicht. Dies wurde als Evidenz gewertet, dass eine Aposition der NBD Domänen nicht mit einer kompletten Annäherung der flügelartigen Ausläufer im Widerspruch steht.^ Das dritte und letzte Ziel dieser Arbeit war es, ein besseres Verständnis des Katalysezyklus von ABC-Transportern mit einer nicht-kanonischen Nukleotidbindungsstelle (NBS) zu bekommen.
Im P-gp sind beide Nukleotidbindungsstellen aktiv, während es im Gallensalz-Exporter (BSEP) vier nicht-kanonische Substitutionen in einer der beiden Nukleotidbindungsstellen gibt (NBS 1). Eine Substitution betrifft den katalytischen Glutamatrest, der in BSEP durch ein Methionin ersetzt ist. Durch den Ersatz des katalytischen Glutamatrestes in NBS1 des P-gp durch Methionin erhält man einen nicht funktionellen Transporter. Eine gleichzeitige Substitution aller vier Reste kann die Transportfunktion von P-gp nicht wiederherstellen. Allerdings beobachteten wir in Gegenwart des bekannten Modulators Tariquidar eine erhöhte Reaktivität mit dem konformationssensitiven Antikörper UIC2, die in der Mutante, die das katalytische Glutamat nicht enthält, nicht beobachtet werden konnte.^ Wir schlagen vor, dass die zusätzlichen Mutationen die Energiebarriere der NBS1 herabsetzen und damit eine teilweise Wiederherstellung der Substratbindungsfähigkeit einhergeht.
Unsere Daten sind ein Beitrag zur weiterführenden Charakterisierung von ABC-Transportern auf molekularer Ebene und unterstützen dadurch den Prozess der Arzneimittelentwicklung.