Einleitung: Chronische Parodontitis ist eine Erkrankung, die durch Destruktion des Zahnhalteapparates gekennzeichnet ist. Die Gründe für den Attachmentverlust sind vielfältig. Neben der individuellen Immunantwort des Wirts, ist auch eine Assoziation mit dem gramnegativen anaeroben Bakterium Porphyromonas gingivalis (P. gingivalis) charakteristisch. Ein weiterer Risikofaktor stellt das Rauchen dar. Durch den Einfluss von Nikotin wird das Immunsystem und individuelle Abwehrverhalten des Wirts, gegenüber Mikroorganismen, beeinflusst. Die Epithelzellen der Mundhöhle sind die erste Barriere des Immunsystems und für die Interaktion der Bakterien mit dem Wirt verantwortlich. Dennoch sind die Auswirkungen von Nikotin auf die funktionelle Aktivität der Epithelzellen zum einen unter normalen Bedingungen, aber auch in entzündetem Gewebe nur wenig untersucht.
Das Ziel dieser Diplomarbeit bestand darin, mithilfe von in vitro Versuchen herauszuarbeiten, wie sich Nikotin auf die oralen Epithelzellen, hinsichtlich der Zellviabilität und der Freisetzung einiger inflammatorischer Zytokine auswirkt.
Methodik: Humane orale Epithelzellen (human squamous carcinoma cells, HSC-2) wurden kultiviert und mit einer Nikotinverdünnungsreihe (100 nM – 10 mM) für 24h stimuliert. Die Zellviabilität / Zellproliferation wurde mittels eines MTTs gemessen. Die Genexpression von Interleukin-8 (IL)-8, Peptidoglycan Recognition Protein 3 (PGRP3) PGRP4, β-defensin und Intercellular Adhesion Molecule (ICAM)-1 wurde nach unterschiedlichen Stimulierungen mittels PCR nachgewiesen. P. gingivalis LPS und TNF-α wurden verwendet, um in vitro entzündliche Bedingungen widerzuspiegeln.
Resultate: Nikotin in den Konzentrationen bis zu 1 mM hat keinen signifikanten Effekt auf die Zellviabilität. Erst bei einer Konzentration von 10 mM Nikotin wurde eine signifikant reduzierte Zellviabilität festgestellt. Die Genexpression von IL-8 war signifikant erhöht ab einer Konzentration von 10 mM. Mit niedrigeren Konzentrationen konnte kein signifikanter Einfluss festgestellt werden. Dies zeigte sich sowohl bei normalen Bedingungen, als auch nach Stimulierung mit P. gingivalis LPS und TNF-α. Die Genexpression von PGRP3 war nach Stimulierung mit 10 mM Nikotin reduziert, zum einen unter normalen Bedingungen, aber auch bei zusätzlicher Stimulierung mit P. gingivalis LPS. Unter Einfluss von TNF-α zeigte sich eine signifikant verminderte Genexpression von PGRP3, unabhängig von der Nikotinkonzentration. Die Genexpression von PGRP4 war bei einer Konzentration von 10 mM Nikotin reduziert, dies konnte sowohl unter normalen Bedingungen, als auch nach Zugabe der Entzündungsmediatoren festgestellt werden. Die Genexpression von ICAM-1 wurde durch 10 mM Nikotin erhöht, dieser Effekt zeigte sich auch bei Zugabe von P. gingivalis LPS. TNF-α induziert eine signifikant verminderte Genexpression von ICAM-1, unabhängig von der Nikotinkonzentration. Die Genexpression von β-defensin war signifikant erhöht nach Stimulierung mit 10 mM Nikotin, auch nach Zugabe von TNF-α. Der Effekt konnte nach Zugabe von P. gingivalis LPS nicht beobachtet werden.
Conclusio: Signifikante Auswirkungen auf die Epithelzellen wurden meist bei hohen Nikotinkonzentrationen (10 mM) beobachtet. Niedrigere Nikotinkonzentrationen hatten kaum Effekte auf die HSC-2 Zellen. Der Effekt von Nikotin auf die Epithelzellen könnte durch Entzündungsmediatoren beeinflusst werden. Unsere Daten weisen darauf hin, dass intensives Rauchen die Epithelzellen hinsichtlich der Immunantwort und dem Fortschreiten der Parodontitis beeinflusst. Dies wird vor allem bei einem schwachen Immunsystem deutlich.