Hintergrund: Allgemeinmedizinische Notfälle ereignen sich in der zahnärztlichen Praxis relativ selten. Aufgrund der guten medizinischen Versorgung in westlichen Industrieländern kommt es zu einer Veränderung der Patientenstruktur, d.h. der Risikopatient ist nicht offensichtlich. Daher kann der Umstand eintreten, dass Zahnärzte in einem Notfall die notwendigen Maßnahmen einleiten müssen. Diese Studie wurde durchgeführt, um einen Überblick über die Häufigkeit verschiedener allgemeinmedizinischer Notfälle, die notfallmedizinische Ausbildung der Zahnärzte und den aktuellen Stand des Notfallmanagements in Wiener Zahnarztordinationen zu erhalten.
Methoden: In einer retrospektiven Studie wurde ein anonymisierter, nicht kodierter Fragebogen an 964 niedergelassene Zahnärzte in Wien gesendet. Weiterhin wurde ein frankierter Rückumschlag beigelegt. Die retournierten Fragebögen wurden von 1 aufwärts nummeriert und die Antworten tabellarisch mittels Microsoft Excel erfasst. Die deskriptive Statistik erfolgte ebenfalls mit diesem Programm.
Ergebnisse: Von den 964 angeschriebenen Zahnärzten wurden 192 auswertbare Fragebögen zurückgesendet. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 19,9%. 84,4% dieser Zahnärzte haben nach der alten Studienordnung studiert, d.h. sie haben ein abgeschlossenes Humanmedizinstudium und eine 2-bzw. 3-jährige Ausbildung zum Facharzt für Zahn-Mund-und Kieferheilkunde absolviert. Über 60% der Zahnärzte weisen eine Berufserfahrung von mehr als 20 Jahren auf und 17,7% von weniger als 10 Jahren. 17,7% absolvierten einen Notfallkurs innerhalb des letzten Jahres und bei 32,1% ist dieser Kurs schon länger als 5 Jahre her. 66,1% hatten noch nie einen Notfallrefresher mit dem gesamten Praxisteam. 72,9% fühlen sich in der Lage in einem allgemeinmedizinischen Notfall richtig zu reagieren. 42,2% fordern ein größeres Angebot an Kursen. 13% der Befragten geben an, über keine entsprechende Notfallausstattung zu verfügen. Allerdings verfügen 19,3% der antwortenden Zahnärzte über einen AED.
Gemäß der retournierten Fragebögen ereigneten sich in den letzten 10 Jahren insgesamt 3111 Notfälle in den Ordinationen. Mit 58,6% ist die vasovagale Synkope die häufigste Komplikation, gefolgt von Reaktionen auf Lokalanästhetika (14,6%) und allergischen Reaktionen (8,2%). Durchschnittlich ist alle 6 Monate in einer Wiener Zahnarztordination mit einem allgemeinmedizinischen Notfall zu rechnen.
Schlussfolgerung: Die Annahme, dass ein Zahnarzt in seiner Ordination mit einem allgemeinmedizinischen Notfall konfrontiert werden kann, zeigt sich in den Ergebnissen. Die Auswertung zeigt, dass beispielsweise ein Notfall bei dem CPR notwendig wird, durchschnittlich alle 23 Jahre pro Praxis auftritt. In einem Notfall sollte die Einleitung der Rettungskette reibungslos ablaufen. Jede Praxis sollte über einen Notfallplan und eine Notfallausstattung verfügen. Hier besteht in Wiener Zahnarztordinationen Nachholbedarf. Des Weiteren ist die rechtliche Situation in Österreich nicht eindeutig geklärt. Aus dem für Zahnärzte zuständigem Zahnärztegesetz ist nicht eindeutig erkennbar, ob Zahnärzte im medizinischen Notfall als Laien oder als professionelle Ersthelfer zu betrachten sind. Auch gibt es nur eine allgemeine Fortbildungspflicht und keine Aussage zu Notfallauffrischungskursen. Hier sollten sowohl die ÖZÄK als auch das Bundesministerium für Gesundheit Nachbesserungen vornehmen.