Immer wieder berichten Medien von randalierenden Jugendlichen aus dem Immigrantenmilieu. Man denke an die Ausschreitungen in Paris im November 2005 oder den Hilferuf der Lehrerschaft der Berliner Rütli-Schule Anfang April 2006, in dessen Folge der Bezirksbürgermeister des Problemviertels Neukölln das "Projekt Multi-Kulti" als gescheitert verurteilt. Jugendliche der zweiten Generation - in sozialwissenschaftlicher Literatur als besonders belastete Problemgruppe dargestellt - stehen zwischen den Religionen, Werten und Anforderungen der Kultur ihrer Eltern und den Normen der Aufnahmegesellschaft, wobei sie selbst aushandeln müssen, wie weit sie sich auf die jeweilige Kultur einlassen.
Wirft man einen Blick auf die Sozialisationsbedingungen in den einzelnen Sozialisationsinstanzen, so wird die Intensität der erlebten Ambivalenz, speziell hinsichtlich des Aspekts der Chancenungleichheit, deutlich. Die vielfältigen spezifischen Bedingungen der Identitätsentwicklung von Jugendlichen aus dem ehemaligen Jugoslawien zeigen sich anhand psychosozialer und kultureller Faktoren, wobei nicht das Aufwachsen im bikulturellen Raum als automatischer Auslöser für Identitätsverluste betrachtet werden darf, sondern es einer Berücksichtigung diskriminierender und rassistischer Erfahrungen auch im Hinblick auf Integrationsschwierigkeiten bedarf. Für Jugendliche, die einen Balanceakt zwischen den Anforderungen zweier verschiedener Gesellschaften leisten müssen, ist es wichtig, einen Ort zu haben, wo sie sich zurückziehen können, wo ihre eigenen Probleme einmal im Mittelpunkt stehen dürfen. Daher ist es Aufgabe eines Jugendzentrums, einen multikulturellen Raum zu schaffen, wo die Wertschätzung der verschiedensten Herkunftshintergründe gewährleistet ist.
Interviews mit Spittaler Schuldirektoren und einer Kindergartenleiterin bezüglich muttersprachlichen Unterrichts, interkulturellen Lernens und Religionsausübung in i Institutionen sowie drei ausgewählte Beispiele für interkulturelle Jugendarbeit leiten zum empirischen Teil über, wo Beobachtungen sowie 15 qualitative Interviews mit Jugendlichen aus dem ehemaligen Jugoslawien aller drei Religionen den theoretischen Teil dieser Dissertation ergänzen.