Aktuelle demografische Entwicklungen in der Bevölkerungsdynamik lassen davon ausgehen, dass die Zahl älterer Personen insgesamt und älterer Personen mit problematischem Alkoholkonsum in Zukunft steigen wird. Diese qualitative Studie versucht deshalb das psychologisch-wissenschaftliche Verständnis für Personen, die im höheren Lebensalter (60+ Jahre) eine Alkoholabhängigkeit entwickeln, zu erweitern, und stellt die Frage „Welche Risikofaktoren und Auslöser lassen sich für die Entstehung einer Late-onset Alkoholabhängigkeit feststellen?“. Mittels Narrativer Interviews mit 7 Personen dieser Zielgruppe und einem Inventar zur Erhebung von Bewältigungsstrategien konnten in der Folge mehrere Risikofaktoren für die Entstehung einer Late-onset Abhängigkeit identifiziert werden. Konkret handelt es sich dabei um Langeweile und Unterforderung, Status- und Rollenverlust, Verlust der sozialen Kontrolle, bisheriger Alkoholkonsum, positive Familienanamnese, Probleme mit dem Älterwerden, Krankheit und körperliche Probleme, männliches Geschlecht, Akzeptanz des Trinkens seitens anderer und Defizite im Copingverhalten.
Die Ergebnisse legen nahe, dass vor allem alterskorrelierte Stressoren, gepaart mit dem Copingverhalten einer Person, das Risiko bergen, im Alter an einer Alkoholabhängigkeit zu erkranken. Diese Ergebnisse sind konsistent mit der Stress-Coping-Hypothese nach Finney und Moos (1984) und erweitern zusätzlich das Wissen rund um diese Thematik. Im Zuge der Ergebnisse dieser Studie sollten gerade Einrichtungen der Suchthilfe sowie Alters- und Pflegeheime auf dieses vermehrt auftretende Phänomen vorbereitet sein – das Kennen von Risikofaktoren kann dabei helfen. Zukünftige Forschungen sollten sich deshalb mit einheitlichen Kriterien und Definitionen vermehrt mit den Wirkmechanismen der Entstehung einer Late-onset Abhängigkeit befassen und so mehr Licht in diese wenig beforschte Thematik bringen.