Durch den Schrecken und die Gräuel der Ereignisse des Zweiten Weltkrieges sieht sich die Zweite
Republik in Österreich vor mannigfaltigen Herausforderungen. Neben der bis heute andauernden und noch nicht endgültig beantworteten Frage über die Täterschaft Österreichs, galt es ein „neues“ Österreich aufzubauen, welches durch die Grundpfeiler der Demokratie zu begründen sei. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges steht die junge Alpenrepublik vor einem theoretischen Neuanfang, der in den frühen Jahren der realpraktischen Realität viel mehr die Ausmaße einer Restauration einnahm. Diese Veränderungs- und Beharrungsmechanismen werden einen wichtigen Stellenwert in dieser Diplomarbeit einnehmen.
Diese Abschlussarbeit wird sich maßgeblich mit den Entwicklungen, Restaurationen, Erneuerungen sowie den dazugehörigen Diskursen der österreichischen Bildungspolitik beschäftigen. In einer kritisch historischen Zeitreise lädt Sie der Verfasser dieser Arbeit ein, die Dynamiken und Veränderungen des österreichischen Schulwesens zu erfassen und greifbarer zu machen. Ausgehend vom Ende des Zweiten Weltkrieges über die Neuorganisation des Schulwesens im Jahr 1962 bis zum Ende der „Ära Kreisky“ 1983 werden die historischen Veränderungen sowie restaurativen Prozesse der bildungspolitischen und wirtschaftlichen Landschaft in Österreich versucht, chronologisch in einen Zusammenhang zu stellen. Dieser Zusammenhang ergibt sich aus der zentralen These dieser Diplomarbeit. Die zu überprüfende Ausgangsfrage dieser Arbeit verortet sich in den Vernetzungsmechanismen zwischen wirtschaftlicher Prosperität und potentiellen Veränderungen im österreichischen Schulwesen. Innerhalb der bildungspolitischen Diskurse nach dem Zweiten Weltkrieg erscheint die treibende Kraft für potentielle Veränderungen im Schulwesen, die ökonomische Lage sowie deren anzustrebende Entwicklungen zu sein. Die zu untersuchende These wird sich daher mit den bildungspolitischen Veränderungsprozessen beschäftigen, welche ihren diskursiven Aufschwung durch den Deckmantel wirtschaftlicher Prosperität erhalten und somit die argumentativen Muster der ökonomischen Verwertbarkeit in sich tragen. Um bildungspolitische Fragestellungen in einer modernen Gesellschaft zu durchleuchten, scheint es daher von Vorteil zu sein, die ökonomischen Bedingungen in ihrer Wirkmächtigkeit als Ausgangsposition für potentielle Veränderungsprozesse im Bildungswesen zu befragen. Diese These wird im Zuge dieser Arbeit zu überprüfen sein.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wird Ihnen ein Einblick in die theoretischen Modelle der Diskursforschung gegeben. Aufgrund der zu untersuchenden Fragestellung dieser Arbeit scheint es sinnvoll, Entstehungsmechanismen für Diskurse in einer Art Genealogie zu skizzieren. Durch diese Perspektive soll gewährleistet werden, dass die zentrale Hauptthese dieser Diplomarbeit innerhalb ihrer empirisch analytischen Aufarbeitung auf einem validen theoretischen Fundament begründet ist. Im Anschluss wird der zu belegende Zusammenhang zwischen bildungspolitischen Veränderungspotentialen und wirtschaftlichen Argumentationsmustern durch historische Ereignisse sowie diskursive Fragmente des bildungspolitischen und wirtschaftlichen Diskurses der damaligen Zeit aufgearbeitet.
Abschließend wird in dieser Diplomarbeit ein didaktischer Abschnitt platziert, der neben einer theoretischen Thematisierung der didaktischen Zugänge derzeitiger geschichtsdidaktischer Forschung auch didaktische Überlegungen für potentielle Unterrichtsplanungen bereitstellt. Diese Überlegungen werden in der Logik eines emanzipatorischen Bildungsbegriffes darauf abzielen, Jugendliche dabei zu begleiten und zu befähigen, die Wirkmacht von Diskursen und ihre Entstehung zu verstehen sowie ihren Mechanismen der „Macht“ zu entlarven.