Landschaften stellen ein komplexes Wirkungsgefüge dar. Sie unterliegen einem stetigen Wandel und sind Ausdruck sowohl natürlicher wie auch anthropogener Einflüsse. Um eine nachhaltige Entwicklung der Landschaft zu ermöglichen, ist deren Überwachung und Untersuchung unumgänglich. Für das Monitoring des Landschaftswandels werden zunehmend Indikatoren herangezogen. Das Ziel dieser Untersuchung war es, durch die raum-zeitliche Analyse der Abschusszahlen von Steinhuhn (Alectoris graeca), Schneehase (Lepus timidus varronis) und Rehwild (Capreolus capreolus) in Südtiroler Jagdrevieren Rückschlüsse auf die Habitatverfügbarkeit und die Ausprägung und Qualität der Landschaft in den vergangenen 150 Jahren zu machen, sowie zu bestätigen, dass (1) die Abschussstatistik des Rehwildes, des Steinhuhns und des Schneehasen als geeignetes Instrument für die Entwicklung von Indikatoren für Landschaftsqualität herangezogen werden kann. Dies setzt voraus, dass (2) die Abschusszahlen die Populationsdichten der Wildarten widerspiegeln. Zuallererst erfolgte eine grundlegende Analyse der Landschaftsveränderungen nach Tasser et al. (2007) in 39 Jagdrevieren Südtirols. Die wichtigsten Landschaftsmaße wurden mithilfe des ArcMap Plugins V-LATE 2.0 beta (Lang und Tiede 2003) berechnet. Anschließend wurden die Abschusszahlen mit Unterstützung des Südtiroler Jagdverbandes recherchiert und digitalisiert. Um die Abschussdaten für die Untersuchungen verwenden zu können, mussten sie validiert und teilweise angepasst werden. Insbesondere die ältesten Aufzeichnungen aus dem Jahr 1890 lagen nur für die damaligen Bezirkshauptmannschaften vor und mussten auf die heutigen Jagdreviere aufgeteilt werden. Abschließend wurden mit den Landschaftsvariablen und den Abschusszahlen multiple lineare Regressionsmodelle berechnet, wobei die Abschusszahlen über die Landschaftsvariablen erklärt wurden. Zur Überprüfung des Zusammenhangs zwischen Abschusszahlen und Populationsgrößen wurden offizielle Zählungsdaten verwendet.
Die Landschaftsentwicklung in den 39 Jagdrevieren zeigt typische Tendenzen. Die Abschusszahlen des Steinhuhns und des Schneehasen gehen deutlich zurück, wobei letztere größeren Schwankungen unterliegen. Die Abschussstatistik des Rehwildes zeigt im Gegensatz dazu eine deutliche Tendenz nach oben. Die Überprüfung des Zusammenhangs zwischen Abschusszahlen und Populationsgröße ergab beim Steinhuhn einen schwachen signifikanten Zusammenhang (R2=0,4464; p<0,05). Beim Rehwild konnte hingegen ein starker signifikanter Zusammenhang zwischen Abschusszahlen und Zählungen festgestellt werden (R2=0,8294; p<0,05). Für den Schneehasen gibt es derzeit noch keine Zählungen.
Die anschließende Analyse der artspezifischen Abschusszahlen über die Landschaftsindikatoren ergab, dass beim Steinhuhn 56,9 % der Varianz der Abschusszahlen durch die eingeflossenen Variablen erklärt werden können (R2=0,569; p<0,05). Beim Schneehasen erreichte das R2 einen Wert von 0,456 (p<0,05). Wobei dies vor allem an den Schwankungen in der Streckenstatistik liegt, deren Ursachen in anderen Kausalzusammenhängen wie Jagddruck und Populationsdynamiken, von denen jedoch bis heute noch keine verwendbaren Daten vorliegen, zu suchen sind. Die Abschussdaten des Rehwildes eigenen sich grundsätzlich am besten für die Verwendung als Indikatoren. Mit einem R2 von 0,8294 (p<0,05) können 82,94 % der Varianz der Abschusszahlen durch die eingeflossenen Variablen erklärt werden. Abschussstatistiken können demnach unter Berücksichtigung bestimmter Voraussetzungen als Indikatoren für die Landschaftsqualität und Habitatverfügbarkeit herangezogen werden. Für zukünftige Untersuchungen wäre die Berücksichtigung von weiteren erklärenden Parametern und Einflussgrößen wie Jagddruck, klimatische Gegebenheiten, Indikatoren zur landwirtschaftlichen Nutzungsintensität, gesetzliche Veränderungen in der Jagdausübung sowie Populationsdynamiken, die derzeit im Untersuchungsgebiet aber noch nicht vollständig empirisch erfasst sind und für die folglich keine entsprechenden Daten vorhanden sind, zu empfehlen.