Kormorane (Phalacrocorax carbo sinensis) sind Fisch-fressende Wasservögel, die an Küsten, Flüssen und/oder Seen bevorzugt in Europa, Asien und Afrika vorkommen. Im Jahre 1920 waren diese Vögel beinahe durch Verfolgung ausgerottet, da die Leute glaubten, dass sich Kormorane hauptsächlich von wirtschaftlich wichtigen Fischarten ernähren. Darum forderten Tierschutzorganisationen einen Schutz für Kormorane und seit circa 1970 erholten sich die Bestände. Der Konflikt zwischen den Vögeln und den Fischersleuten, die ihre Fischbestände nun wieder in Gefahr sehen, tauchte abermals auf. Um Management Pläne zu erstellen, ist das Wissen über die Nahrungsökologie dieser Vögel unabdingbar. Bisherige Studien beschäftigten sich jedoch nur mit der morphologischen Analyse von den Speiballen, hervorgewürgten Fisch- sowie Kotproben der Kormorane und dadurch, dass diese Proben meist halb- beziehungsweise auch ganz verdaute Fischüberreste enthalten, kann morphologisch niemals das ganze Artenspektrum untersucht werden.
Um das komplette Beutespektrum zu erhalten, sind molekulare Analysen von Wichtigkeit und dies wurde in dieser Studie gemacht. Aber nicht nur molekulare, sondern auch morphologische Untersuchungen wurden angewendet, um einen direkten Vergleich dieser beiden Analyse-Typen zu bekommen. Des Weiteren wurde untersucht, mit welchen von diesen drei Probentypen-Speiballen, Kot und Fischproben, das Beutespektrum der Kormorane am effizientesten ermittelt werden kann. Diese Informationen würden weiteren Studien, die an der Nahrungsökologie der Kormorane interessiert sind, helfen, um zu erfahren, welcher Probentyp verwendet werden sollte und ob molekulare oder morphologische Analysen angewendet werden sollten.
In dieser Untersuchung wurden Speiballen, Kot- und regurgitierte Fischproben von Kormoranen, die an dem alpinen Vorland-See Chiemsee, in Deutschland, brüten, in den Jahren 2012 und 2013 gesammelt. Folgende Hypothesen wurden getestet:
(i) In Speiballen wird ein größeres Spektrum an Beutefischen und höhere Detektionsraten erwartet in Gegensatz zu Kot- und Fischproben. (ii) Mittels der Verwendung von molekularen Untersuchungen, sollten mehr Beutearten identifiziert werden als mit morphologischen Methoden.
In den Jahren 2012 und 2013, wurden 700 Speiballen, 219 Kotproben und 497 regurgitierte Fischreste gesammelt. Ein neues Multiplex-PCR basierendes System wurde extra für die Identifizierung der Fish-DNA entwickelt (Thalinger et al., 2015). Die erste Mulitplex-PCR, die auf mitochondriale 16s Gene abzielt, erlaubt die Identifizierung von Beutefischen auf Gruppenebene (Siluriformes, Salmoniformes, Cyprinidae, Percidae und Petromyzontidae) als auch von spezifischen Fischarten, wie Acipenser ruthenus, Anguilla anguilla, Lota lota und Esox lucius. Mit den anderen fünf Multiplex-PCRs, die auf COI-Gene abzielen, können artspezifische Nachweise für Salmoniformes, Cyprinidae und Percidae erbracht werden. Neben den molekularen Analysen, wurden auch die Hartteile der Speiballen und der regurgitierten Fischreste morphologisch bestimmt. In den Kotproben gibt es wenige bis gar keine Knochenteile, demzufolge ist hier eine morphologische Methode nicht möglich.
Das Artenspektrum, das entweder mit molekularen oder mit morphologischen Methoden festgestellt worden ist, unterschied sich stark. Denn in den Speiballen wurden molekular 32 Arten und morphologisch nur 16 Taxa identifiziert. Ähnlich bei den Fischproben, hier wurden 22 Taxa mittels molekularen - und 14 mittels morphologischen Untersuchungen detektiert. Anhand von Rarefaction-Analysen konnte gezeigt werden, dass nur 350 Speiballen notwendig sind, um das Beutespektrum der Kormorane zu ermitteln. Im Gegensatz dazu sind 450 Kotproben und über 500 Fischproben nötig, um an das gleiche Ergebnis zu gelangen.
Zusammenfassend, können wir mit unserer Studie sagen, dass Speiballen den am besten geeignetsten Probentyp zur Nahrungsanalyse von Kormoranen darstellt, weil man mit ihnen ein breiteres Beutespektrum und höhere Detektionsraten als mit Kot- oder Fischproben erreicht. Des Weiteren, haben wir festgestellt, dass mit molekularen Methoden um die Hälfe mehr Beutearten detektiert werden können, obwohl von der zusätzlichen Verwendung morphologischer Analysen nicht abzuraten ist, weil dadurch Informationen wie die Anzahl der Individuen pro Probe beziehungsweise die Größe der Beute ermittelt werden kann. Diese Schlussfolgerungen sind sehr hilfreich für andere Studien über die Nahrungsökologie dieser Vögel, um in Folge bei der Entwicklung von Management Plänen von Kormoranen zu helfen und so für ein besseres Miteinander zwischen Fischerleuten und Kormoranen beizusteuern.