Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels tut sich die österreichische Abfallbranche im internationalen Vergleich positiv hervor. Dennoch ist sie aus sozialwissenschaftlicher Perspektive weitgehend unerschlossen. Die vorliegende Masterarbeit erkundet nun erstmals im deutschsprachigen Raum die Arbeit der Müllabfuhr aus arbeitssoziologischer und geschlechterforschender Perspektive. Im Rahmen von Literaturarbeit und einer Teilnehmenden Beobachtung wird das Arbeitsfeld hinsichtlich der Konstruktion von Geschlecht untersucht. Die Müllabfuhr bietet ein spannendes Untersuchungsobjekt, da sie als klassische ‚Männerdomäne‘ – die umgangssprachliche Bezeichnung ‚Müllmann‘ ist um einiges bekannter als das korrekte ‚Müllwerker‘ – über ein hohes soziales Ansehen verfügen sollte. Dem arbeitssoziologischen Diskurs um Dirty Work folgend, müsste sie jedoch durch ihre berufsbedingte Nähe zu Abfall stigmatisiert werden. In der Konstruktion von Männlichkeit haben Erwerbsarbeit und körperliche Stärke einen hohen Stellenwert. Wie können also ein typischer Männerberuf und niedriges Berufsansehen in Verbindung stehen? Darüber hinaus leistet die Müllabfuhr einen Dienst für das Allgemeinwohl – an den Abfällen der Öffentlichkeit. Inwiefern bestehen hier Machtverhältnisse? Entdeckt wird hier ein Desiderat hinsichtlich der arbeitssoziologischen Analyse von Arbeit in der- und für die Öffentlichkeit.
Letztlich erlaubt die Begleitung verschiedener Tiroler Müllabfuhren Aufschlüsse über Geschlechterkonstruktionen in einem homosozialen Arbeitsfeld, die Habitualisierung von Geschlecht am Arbeitsplatz und Impulse zur Weiterentwicklung von Dirty Work Forschung. Während des Forschungsprozesses erwies sich das eigene Geschlecht der Forscherin als entscheidend für den Wissensgewinn. Diese Beobachtung wird in einem eigenen Kapitel behandelt.