Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der hydrologischen Bilanzierung des Einzugsgebietes der Großhangbewegung Misljoch im Navistal, östlich von Matrei am Brenner. Des Weiteren wird für ein kleiner gefasstes Gebiet oberhalb der Kerschbaumsiedlung ein numerisches Niederschlag – Abflussmodell (NAM) mit einem Zeitschritt von einem Tag entwickelt.
Die strukturgeologische Prädisposition im Untersuchungsgebiet begünstigt eine tiefreichende Felsgleitung. Auf der Felsgleitung lagern aktive Schuttstromkörper mit unterschiedlichen Bewegungsraten. Im Rahmen eines Monitoringprogramms werden sowohl die Bewegungsraten der Felsgleitung, als auch die der Schuttströme aufgezeichnet. Allerdings ist die Ursache des kinematischen Verhaltens der Massenbewegungen noch nicht klar. Daher sollten die Bewegungsraten auf Zusammenhänge mit dem Abflussverhalten der Massenbewegung untersucht werden. Zunächst wurden dazu mittlere hydrologische Jahresbilanzen der topographischen Einzugsgebiete der Großhangbewegung ermittelt. Durch eine Niederschlag – Abfluss Modellierung (NAM) für das Einzugsgebiet der Schuttstromkörper wurden anschließend Abflussganglinien für den Zeitraum 07/2013 – 06/2017 berechnet. Die Abflussganglinien können künftig auf Zusammenhänge mit dem Verlauf der Hangbewegungsraten untersucht werden.
Die NAM basiert auf einem linearen Speicherkaskadenmodell. Dabei wurde die Modellfläche in zwei Einzugsgebiete mit jeweils drei Teileinzugsgebieten (TEG) unterteilt. Jedes TEG ist zusätzlich vertikal in Stockwerke gegliedert. Das Ergebnis sind zwei parallele Speicherkaskaden mit jeweils 14 Speichern. Das numerische Modell wird durch Niederschlags- und Temperaturdaten angetrieben. Für jeden Speicher wurden die Zu- und Abflüsse mit einem Zeitschritt von einem Tag modelliert. Da aufgrund von Datenmangel meist keine physikalisch basierten Berechnungsverfahren möglich waren, wurden diverse Parameter durch eine Kalibrierung bestimmt. Die Kalibrierung erfolgte anhand von Messwerten, die aus einem Datenpool stammen, der im Vorfeld zusammengestellt wurde. Durch eine Sensitivitätsanalyse wurde die Empfindlichkeit der verschiedenen Parameter ermittelt. Aus den Ergebnissen der Sensitivitätsanalyse wurde eine Vorgehensweise zur Weiterentwicklung des NAM erarbeitet.
Die wichtigsten Resultate der NAM in Bezug auf die Hangbewegungen sind: (i) Der westliche Bereich des Schuttstroms weißt deutlich höhere Infiltrationsraten und einen deutlich stärkeren unterirdischen Abfluss als der östliche Schuttstrombereich auf. (ii) Innerhalb der Felsgleitung existiert eine Grundwasserströmung von West nach Ost. (iii) Der Grundwasserandrang wird im östlichen Bereich des Schuttstroms vorwiegend durch Zwischenabfluss und Oberflächenabfluss drainiert.