Das mechanische Verhalten von geschichteten quasi-spröden Materialien, wie beispielsweise Gestein oder 3D gedrucktem Beton, ist durch irreversible Verformungen, verfestigendes Materialverhalten im Vorbruchbereich sowie Entfestigung, begleitet durch eine Reduktion der Materialsteifigkeit aufgrund von Schädigungsprozessen im Nachbruchbereich, gekennzeichnet. Darüber hinaus zeigt das Materialverhalten von geschichteten quasi-spröden Materialien eine starke Abhängigkeit von der Belastungsrichtung bezogen auf die Orientierung der Schichtungsebenen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die mathematische Beschreibung der konstitutiven Beziehungen von anisotropen quasi-spröden Materialien. Zu diesem Zweck ist die Arbeit in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil befasst sich mit der Entwicklung eines konstitutiven Modells für geschichtetes intaktes Gestein und Gebirge. Basierend auf einer kritischen Beurteilung gängiger Modellierungsansätze zur Berücksichtigung transversaler Isotropie in elasto-plastischen Modellen wird das isotrope Rock Damage Plasticity (RDP) Modell von Unteregger u. a. (2015) auf transversal isotropes Materialverhalten erweitert. Um netzunabhängige Ergebnisse in FE-Simulationen zu erhalten, wird das entfestigende Materialverhalten durch eine über-nichtlokale implizite Gradientenerweiterung nach Schreter u. a. (2018b) regularisiert. Das erweiterte Modell, bezeichnet als TI-RDP Modell, wird mittels eines impliziten Integrationsalgorithmus in die Material Modelling Toolbox Marmot (Neuner u. a. (2021)) implementiert. Das TI-RDP Modell wird durch Integrationspunkt Simulationen sowie 3D FE-Simulationen von triaxialen Druckversuchen von Niandou u. a. (1997) an Tournemire Schiefer kalibriert und validiert. Dabei werden verschiedene Neigungswinkel der Schichtungsebenen in Bezug auf die Belastungsrichtung sowie unterschiedliche Umschnürungsdrücke berücksichtigt. Um den Einfluss der Orientierung von geschichtetem Gebirge auf den Vortrieb tiefliegender Tunnel zu untersuchen, wird das TI-RDP Modell in 2D FE-Simulationen des Tunnelvortriebs angewendet.
Der zweite Teil dieser Arbeit befasst sich mit der mathematischen Beschreibung des mechanischen Verhaltens von gehärtetem 3D gedruckten Beton. Im Gegensatz zu geschichteten Gesteinen weist das Materialverhalten von 3D gedrucktem Beton, unabhängig von dem verwendeten Druckverfahren, inhärente orthotrope Eigenschaften auf. Zur Formulierung der orthotropen konstitutiven Beziehungen wird das etablierte isotrope Concrete Damage Plasticity (CDP) Modell für konventionellen Beton von Grassl und Jirásek (2006) auf orthotropes Materialverhalten erweitert. Besonderes Augenmerk wird dabei auf eine einfache Kalibrierung der neu eingeführten Materialparameter zur Berücksichtigung des orthotropen Materialverhaltens durch Standard Laborversuche gelegt. Das neue Modell, bezeichnet als 3DPCDP Modell, wird durch einachsiale Druckversuche in den Materialhauptrichtungen an Probekörpern aus extrudiertem 3D gedruckten Beton sowie dem für den 3D Druck verwendeten Gussbeton kalibriert. Zur Validierung werden Dreipunkt-Biegeversuche von Shkundalova u. a. (2022) mit verschiedenen Belastungsrichtungen bezogen auf die Orientierung der Druckschichten verwendet.