Das Verständnis des räumlichen und zeitlichen Verhaltens einer Art ist von großem Interesse und sowohl für die Forschung als auch für Managemententscheidungen unerläss-lich. Das Vorkommen erklärt die Anforderungen der Art an ihre Umwelt, z.B. in Bezug auf Futter, Habitate und Lebensräume, Sozialverhalten und den Einfluss menschlicher Stö-rungen. Der Goldschakal (Canis aureus) breitet sich kontinuierlich über ganz Europa aus und in Friaul-Julisch Venetien (Norditalien) existiert bereits seit mehreren Jahrzehnten eine Population. Neben dem räumlichen Vorkommen ist auch das Verhalten über eine große zeitliche Skala, d.h. in verschiedenen Jahreszeiten, von entscheidender Bedeu-tung, um die Ansprüche an die Umwelt zu verstehen und Einflussfaktoren durch mensch-liche Aktivitäten auf die Art abzuleiten. Die bei der Feldarbeit gewonnenen Daten können mit Hilfe von occupancy models analysiert werden und zeigen die Einflussvariablen auf, die das Vorkommen der Art im Laufe der Jahreszeiten bestimmen.
Die vorliegende Studie modelliert die Wahrscheinlichkeit des Vorkommens (occupancy) und des Erfassens (detection) der Art in Abhängigkeit von den erhobenen Umweltvariab-len zu verschiedenen Jahreszeiten (Winter, Frühling und Sommer) und in zwei verschie-denen Untersuchungsgebieten. Die Studie mit automatischen Kamerafallen wurde von Dezember 2021 bis September 2022 durchgeführt und die Ergebnisse wurden mit einer Langzeitstudie zur akustischen Stimulation verglichen, die von 2010 bis 2022 im selben Gebiet durchgeführt wurde. Die statistisch besten occupancy models für jede Jahreszeit unterschieden sich in ihren Einfluss-Variablen. Im Allgemeinen bevorzugten die Schaka-le bewaldete und mit Strauchwerk bewachsene Flächen gegenüber landwirtschaftlich genutzten Flächen, was sich in höheren Wahrscheinlichkeiten für das Vorkommen (oc-cupancy) und für das Erfassen (detection) zeigt. Gleiches gilt für größere Entfernungen zu versiegelten Flächen und die Nähe zu Natura 2000-Gebieten. Dadurch können ge-eignete Lebensräume für die Zielart abgeleitet werden. Der Vergleich mit akustischer Stimulation ergab ein ähnliches Ergebnis: Schakale bevorzugten Gebiete mit mehr Baum- und Strauchvegetation und weniger intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen. Dies ist die erste Studie mit occupancy models für Schakale in dieser Region und liefert wichtige Erkenntnisse über das Vorkommen und Anforderungen an die Umgebung von Schakalen im Jahreszyklus. Darüber hinaus können Entwicklungen wie die Rückkehr von Großraubtieren wie dem Wolfs (Canis lupus) in die Region einen Einfluss auf das Vorkommen des Goldschakals haben, sodass solche Verbreitungsmodelle ein effektives Monitoring-Instrument in einer der dynamischen Situation darstellen.