In Bergregionen auf der ganzen Welt gefährden Lawinen Siedlungsraum und Infrastruktur. Auch in Island sind Lawinen eine präsente Naturgefahr. Über lange Zeit wurde in betroffenen Gebieten nicht gebaut, und gefährdete Straßen waren im Winter geschlossen. Gefahrenzonenplanung entwickelte sich in Island erst in den letzten 20 Jahren, obwohl die genaue Dokumentation von Lawinenereignissen eine viel längere Geschichte hat. Die Gefahrenzonenplanung in Island basiert auf großen Wiederkehrperioden für Bemessungsereignisse, wodurch weite Flächen als Siedlungsgebiete ausgeschlossen werden. Dem entgegen steht der steigende Bedarf an nutzbarer Fläche und Siedlungsraum. Angesichts des Klimawandels, der sich durch sich verändernde Rahmenbedingungen und zunehmende Variabilität charakterisieren lässt, gewinnt die Auseinandersetzung im Umgang mit extremen Naturgefahrenereignissen an Bedeutung. Aufgrund der sich verändernden Grundgesamtheit müssen zusätzlich zu den, auf Zeitreihenanalysen beruhenden, probabilistische Verfahren auch possibilistische Ansätze berücksichtigt werden, welche auf erwiesenen Extremereignissen basieren. Auch in Island verändern sich die klimatischen Rahmenbedingungen und damit die Wettersituationen, die potenziell zu extremen Lawinenereignissen führen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich anhand von drei Fallbeispielen in Nordisland mit einem possibilistischen Ansatz zur Gefahrenzonenplanung. Die drei Untersuchungsgebiete liegen im mittleren Norden von Island auf der Halbinsel Tröllaskagi. Die in dieser Arbeit untersuchten Lawinenereignisse sind die größten dokumentierten Ereignisse in dieser Region im letzten Jahrhundert, zwei davon ereigneten sich im Jahr 1919 und eines im Jahr 2004. Ein Lawinenereignis wird durch eine komplexe Kombination aus vorherrschenden Wetterbedingungen, Geländebeschaffenheit und Eigenschaften der Schneedecke bedingt. Die benötigten Geländeeigenschaften werden in dieser Arbeit aus dem Geländemodell ArcticDEM abgeleitet, welches eine hohe Präzision und Auflösung aufweist. Die meteorologischen Bedingungen werden aus der Chronik der betroffenen Gemeinden rekonstruiert und notwendige Eingangsparameter für eine Rückrechnung der Ereignisse abgeleitet. Für die Modellierung wird das zweidimensionale Lawinenmodell RAMMS::AVALANCHE verwendet. Ergebnisse der Modellrechnung sind neben dem Prozessraum und der Auslauflänge eines Lawinenereignisses auch die Fließgeschwindigkeit, die Fließhöhe und der Aufpralldruck der Lawine. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden Gefahrenzonenpläne erstellt. Ein Teil der von den Lawinenereignissen betroffenen Gebäude würde sich in der roten Gefahrenzone (erhebliche Lawinengefahr) befinden, die nicht als Siedlungsraum zugänglich ist. Einige Gebäude würden sich aber in der blauen Gefahrenzone befinden (mittlere Gefahr), in welcher das Bauen unter Berücksichtigung von Auflagen gestattet ist. Die Ergebnisse dieser Arbeit basieren auf einem alternativen Ansatz zur Gefahrenzonenplanung und demonstrieren damit die Anwendbarkeit eines possibilistischen Ansatzes. Dennoch bleibt die Frage offen, welcher Ansatz zu den wissenschaftlich exaktesten Ergebnissen führt und gleichzeitig in der Praxis anwendbar ist.
Titelaufnahme
- TitelModelling of extreme avalanches in Northern Iceland : example cases and hazard zone planning : = Modellierung von extremen Lawinenereignissen in Nordisland : Fallbeispiele und Gefahrenzonenplanung / by Andrea Carina Mayer
- Weitere TitelModellierung von extremen Lawinenereignissen in Nordisland : Fallbeispiele und Gefahrenzonenplanung
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- Erschienen
- Umfangxxii, 181 Seiten : Illustrationen, Diagramme, Karten
- AnmerkungZusammenfassung in deutscher und isländischer Sprache
- Datum der AbgabeAugust 2022
- SpracheEnglisch
- DokumenttypMasterarbeit
- Schlagwörter (DE)
- Schlagwörter (EN)
- URN
- Das Dokument ist online verfügbar
- Nachweis
Snow avalanches keep on being a threat to people living in mountain areas around the world. As well regions in Iceland are prone to this hazard. In order to protect people and settlements, the solution was not to settle in exposed areas and to close endangered roads in winter. Hazard zone planning for settlement areas only evolved in Iceland in the last 20 years, though recording of avalanche events of great detail has a longer history. Hazard zone planning is based on large return periods for design events, which results in large areas where settlement is not possible. In the light of a changing climate and changing weather patterns in Iceland, different avalanche hazard situations are likely. Boundary conditions change and a probabilistic approach does not seem suitable anymore to tackle natural hazard questions and to cope with the avalanche threat. This thesis tests a possibilism approach on three case studies which are located in the north of Iceland and opens new possibilities for hazard zone planning and settlement areas there. The three research areas Héðinsfjörður, Siglufjörður and Engidalur are located on Tröllaskagi peninsula. The avalanche events that are examined in this work are the greatest known events in this region in the last century, two of them happened in 1919 and one in 2004. Avalanche release is determined by a coupling of terrain parameters, meteorological parameters and snowpack parameters. Terrain parameters are derived in this work from a terrain model of Iceland (ArcticDEM) with high resolution and high accuracy. The meteorological conditions are reconstructed from the chronic of the affected municipalities and necessary input parameters for a back calculation of the events are derived. For the modeling, the two-dimensional state of the art avalanche model RAMMS::AVALANCHE is used. Besides the extent of the avalanche events, results of the back calculation are velocity, flow depth and impact pressure. From the latter, hazard maps were derived and a hazard zone planning was done. A part of the buildings that were affected by the events would be located in the red hazard zone (high danger level), where settlement remains forbidden, while also some buildings would stand in the blue hazard zone (medium danger level), where construction is allowed under restrictions. The results of the thesis demonstrate a different approach for hazard zone planning. Still, the question remains which approach leads to the most accurate scientific results and is at the same time applicable by practitioners.
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