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Die Grenzen des biographischen Körpers
zu Peter Handkes "Wunschloses Unglück"
Philipp Weiß
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Wolfgang Müller-Funk
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.3935
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30351.45224.815665-8
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
In der vorliegenden Arbeit musste ein von herkömmlichen Magisterarbeiten abweichender Modus des Schreibens zur Anwendung kommen. Ziel des Kommentierens konnte weder ein hermeneutisches Verstehen noch eine strukturale Analyse sein. Ich wollte vielmehr versuchen, sowohl Wunschloses Unglück als auch die dazu vorhandene Sekundärliteratur einer Lektüre zu unterziehen, die einer sich wiederholenden dekonstruktiven Geste folgt. In sieben für sich stehenden, jedoch auf einander bezogenen Essays wurde jeweils von einer These der Sekundärliteratur ausgehend diese anhand des Textes nachvollzogen, jedoch in einer argumentativen Bewegung schließlich verkehrt, ohne zuletzt in eine nicht-kontradiktorische Synthese überzuführen. Die Balance und Offenheit von Wunschloses Unglück sollte auf diese Art ebenso nachvollzogen wie bewahrt werden. Der Text wurde in widersprüchlichen Variationen wiederholt, sodass die ihm inhärenten Aporien herausgelöst und fassbar, nicht jedoch dialektisch aufgelöst wurden. Der wiederholende Kommentar musste sich dabei ebenso wie der Text einer eindeutigen Bestimmbarkeit entziehen. In den sieben Kapiteln der Arbeit sollten so die für Wunschloses Unglück konstitutiven widerstrebenden Bewegungen zwischen Unterwerfung und Konstituierung des Subjekts, Sprachlosigkeit und Sprache, Mimesis und Performanz, Fiktion und Faktizität, Kohärenz und Fragmentierung, Chronologie und Wiederholung, narrativer Fassbarkeit und Undarstellbarkeit, Feminismus und männlichem Herrschaftsdiskurs sowie zwischen Biographie und Autobiographie eröffnet und expliziert werden. Im ersten Essay wird die Frage gestellt, inwiefern es gerechtfertigt erscheint, die Geschichte der Mutter als jene eines stummen unterworfenen Subjekts zu beschreiben. Anhand der Subjekttheorie Foucaults wird das Geflecht von Macht, Körper und Sprache analysiert sowie nach Widerstand der Mutter gefragt. Es ist letztlich das Begehren der Mutter nach einer nicht der Norm entsprechenden Lebensweise, die ihr den Subjektstatus entzieht und zu ihrem Selbstmord führt. Der zweite Essay beschäftigt sich mit der Frage nach der Möglichkeit realistischen biographischen Erzählens. In Wunschloses Unglück, so das Fazit, wird einerseits der Bezug zu einem historischen Referenzpunkt, dem Tod der Mutter vorausgesetzt, andererseits der Konstruktionscharakter jedes Erzählens problematisiert. Letztlich mündet die Problematik in eine dekonstruktive Verlagerungsbewegung, in der immer weiter erzählt werden muss, das 79 Erzählte jedoch nie fassbar wird und einer supplemetären Logik entsprechend nur der Bewegung der différance folgen kann. Im dritten Essay werden die Zeitstrukturen des Textes analysiert. Die scheinbare Chronologie des Textes, so stellt sich heraus, wird unterlaufen von einer doppelten Wiederholungsstruktur: einerseits einem immer wieder neu Fassen-Wollen, andererseits einem nicht Zulassen des Erfassens durch eine Transzendierung hin zum Allgemeinen. Der vierte Essay geht dem Moment des Undarstellbaren im Kontext biographietheoretischer Überlegungen nach. Es zeigt sich, dass die im Text beschriebenen Momente der Sprachlosigkeit ebenso Momente der imaginären Verschmelzung zwischen Mutterkörper und Erzähler sind. In Handkes Text bilden (Körper-)Fragmentierung, Sprachlosigkeit und die Nähe zwischen Erzähler und Mutter also einen unauflöslichen Motivkomplex. Mit Bezug zu Bachtins Theorie des grotesken Körpers und Lyotards Ästhetik des Undarstellbaren werden die genannten Momente analysiert. Im Schlussteil des Essays lässt sich mit Bezug auf Roland Barthes feststellen, dass die gegenläufigen Strategien des Erzählers sich als konventionell anmutende Biographie-als-Gefäß-Struktur und Biographem-Splitter-Struktur beschreiben lassen. Im fünften Essay wird gefragt, ob Wunschloses Unglück frühen feministischen und auch postfeministischen Ansprüchen an das Genre Biographie Genüge tut. Nachdem sich das zunächst bejahen lässt, beschäftigt sich der Essay mit der Frage, in wie fern auch in der kritischen Reproduktion der Formeln die Markierung und Ausgrenzung der Frau als Frau in stereotypen Bildern übernommen und dadurch wieder festgeschrieben wird. Der sechste Essay beschäftigt sich mit dem autobiographischen Gehalt von Handkes Text beziehungsweise mit der Frage, in wie fern dieser als autobiographischer Text lesbar ist. Da sich der gesamte Themenkomplex in methodisch unhaltbaren Spekulationen verliert, wird jedoch vorwiegend die Frage behandelt, wie es der Text bewerkstelligt, eine authentisch wirkende Erzählerfigur überhaupt erst zu etablieren. Auch auf die fragwürdige Rezeption des Textes als Autobiographie wird näher eingegangen.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Handke Biografie Dekonstruktion Körperdiskurs Wunschloses Unglück
Autor*innen
Philipp Weiß
Haupttitel (Deutsch)
Die Grenzen des biographischen Körpers
Hauptuntertitel (Deutsch)
zu Peter Handkes "Wunschloses Unglück"
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
82 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Wolfgang Müller-Funk
Klassifikation
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.00 Sprach- und Literaturwissenschaft: Allgemeines
AC Nummer
AC07574164
Utheses ID
3467
Studienkennzahl
UA | 332 | | |
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