Oberflächen-Energiebilanzmodelle werden häufig angewandt um die Interaktion zwischen der Atmosphäre und im betrachteten Fall Eis und Gletscher, sowie den Einfluss von Klimavariabilität auf die Gletscher-Massenbilanz, zu untersuchen. Diese Modelle basieren auf physikalischen Zusammenhängen, welche zwar oft gut charakterisiert sind, aber nur durch Parametrisierungen umgesetzt werden können. Die freien Parameter müssen durch eine Kalibrierung ermittelt werden. Es wird oft durch eine Optimierung des Modells auf die kleinste Abweichung zur Messung umgesetzt. Das Parameterset der besten Lösung wird dann für die Analyse herangezogen. Die Unsicherheiten, die durch diese Vorgehensweise entstehen, wurden selten untersucht. In dieser Studie werden verschiedene innovative "`Kalibrierungstechniken" angewandt, mit dem Ziel eine bessere Schätzung der Modellunsicherheit der simulierten Massenbilanz zu erreichen.
Die Studie verwendet ein etabliertes Energiebilanzmodell um die "`verteilte"' Massenbilanz auf zwei alpinen Gletschern im Abstand von 40km über drei Sommer zu simulieren. Die entscheidenden Modellparameter wurden mit einer globalen Sensitivitätsanalyse (GSA) gefunden. Die sensitiven Parameter variieren zwischen/über den beiden Gletschern und den drei Jahren. Dies zeigt, dass unterschiedliche Prozesse aktiv sind. 11 Parameter (von 23) wurden für die Monte-Carlo Optimierung ausgewählt. Es wurde eine mehrdimensionale Optimierung durchgeführt: Die optimalen Lösungen in Bezug auf fünf Gütekriterien wurden aus 20.000 Läufen für jede einzelne Sommer-Massenbilanz ausgewählt. Die optimalen Parameter dieser Lösungen decken den ganzen Parameterraum ab (verteilen sich über den ganzen Parameterraum). Die Albedo über Neuschnee und Firn sind die Parameter mit der geringsten Streuung, während die skalare und die Impuls-Rauhigkeitslänge am meisten variieren. Die Variabilität der optimalen Parameter zwischen einzelnen Jahren an einem Gletscher ist genauso stark ausgeprägt wie zwischen den beiden Gletschern.
Die Optimierung zeigt, dass es keine Lösung gibt die in Bezug zu allen Kriterien optimal ist, aber es kann ein Ensemble von simulierten Massenbilanzen erzeugt werden, welches eine erste Abschätzung der Unsicherheit erlaubt. Jedoch gibt es auch bei einem Ensemble das Problem des "`over-fittings"': Die optimalen Parameter für einen trockenen Sommer sind unzureichend für feuchte Bedingungen. Dieser Effekt tritt unabhängig von den gewählten Gütekriterien auf. Wenn die Performance des Models durch Funktionen, die das Akkumulations- und Ablationsgebiet individuell bewerten bestimmt, wird, kann dieser Effekt reduziert werden. Das Bias ist ein schlechtes Gütekriterium, da es sehr leicht im Modell minimiert werden kann und daher anfälliger für "`over-fitting"' ist.
Die Unsicherheit, welche durch "`over-fitting"' entsteht, kann mit Hilfe einer "`out-of-sample"' Cross-validierung geschätzt werden. Die Doppel-Cross-Validierung (Die Unsicherheit einer ersten Cross-Validierung wird gegen einen zweiten Datensatz getestet) zeigt, dass in diesem Fall mindestens fünf Sommer-Massenbilanzen modelliert werden müssen um eine gute Schätzung der Unsicherheit zu bekommen. Die so erhaltene Unsicherheit des Models beträgt 1m w.e.. Dies entspricht in etwa der jährlichen Variation der Massenbilanzen der beiden Gletscher. Die Notwendigkeit einer Modell-Rekalibrierung um mit anderen Klimabedingungen umgehen zu können, zeigt, dass aktuelle Massenbilanzmodelle noch Verbesserungspotential haben. Weitere Forschung sollten die Gründe für Unsicherheit des Modells und der Eingabedaten (Inputdaten) untersuchen. Robustere Kalibrierungsmethoden, basierend auf besseren räumlichen und zeitlichen Daten, sollten für zukünftige Modelle entwickelt werden.