Sowohl natürliche Zirruswolken, als auch Kondensstreifen haben einen Einfluss auf das Klima. Jedoch sind Kondensstreifen im Gegensatz zu natürlichen Zirruswolken anthropogen erzeugt. Eine Voraussetzung für die Bildung und das weitere Bestehen von Kondensstreifen sind eisübersättigte Regionen (ISSRs). Diese Arbeit untersucht charakteristische Lebenszyklen von ISSRs, um das Konkurrenzverhalten von natürlichen Zirruswolken und Kondensstreifen zu beleuchten. Außerdem werden die Eigenschaften von natürlichen Zirruswolken in Abhängigkeit ihrer Lebensdauer betrachtet. Zu diesem Zweck wurden Lagrange Trajektorien gestartet. Daten des Vorhersagemodells COSMO-EU wurden von jeweils 4 Monaten für die Jahre 2011, 2012 und 2013 verwendet. Der Nukleationsschwellwert für homogene Nukleation beträgt 140 % relative Feuchte. Bei der verwendeten virtuellen relativen Feuchte (RH) wird die Eisbildung unterdrückt, um einen ungestörten Feuchteverlauf analysieren zu können. RH verändert sich über adiabate Erwärmung und Abkühlung. An jedem Gitterpunkt wurden in 10 Levels, welche den Höhenbereich von 9 bis 11 km abdecken, Trajektorien gestartet. Waren die Trajektorien zum Startzeitpunkt eisübersättigt, sind sie so lange verfolgt worden, wie sie eisübersättigt blieben. Die Trajektorien sind dann im Hinblick auf die Dauer ihres Bestehens, vertikale Geschwindigkeiten und maximale Feuchtewerte statistisch analysiert worden.
Die meisten (virtuellen) eisübersättigten Trajektorien bestehen nur wenige Stunden, jedoch können einige bis zu 70 h Lebensdauer erreichen (dies entspricht der maximalen Untersuchungsdauer). In fast allen jener ISSRs, die nur einige Stunden leben, können sich keine natürlichen Zirruswolken bilden, da RH bei diesen den Nukleationsschwellwert nicht erreicht. Je länger ISSRs leben, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Nukleationsschwellwert überschritten wird. Im Mittel vergehen bis zum Erreichen des Nukleationsschwellwertes 4 h. Die Aufgleitgeschwindigkeiten von ISSRs, die den Nukleationsschwellwert überschreiten, sind höher, als bei jenen, deren RH unterhalb des Schwellwertes bleibt. Je kürzer die Lebensdauern der ISSRs, die den Schwellwert erreichen, desto höher sind ihre Aufgleitgeschwindigkeiten. ISSRs können sehr hohe RH Werte erreichen, was eine komplizierte Oberfläche von Eiskristallen begünstigt. Die Verteilung der Lebensdauern und der maximalen Feuchtewerte kann mittels einer Weibullverteilung dargestellt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Kondensstreifen im Mittel nur in einem sehr kurzen Zeitraum bilden können, ohne in Konkurrenz mit sich neu bildenden Zirruswolken zu stehen.