Diese Arbeit untersucht den Einfluss der Geländegeometrie von Tälern auf thermisch induzierte Strömungen und damit verbundene Austauschprozesse über komplexer Topographie anhand von hoch aufgelösten numerischen Simulationen. Das Weather Research and Forecasting (WRF) Modell wird mit horizontalen Gitterauflösungen im Bereich einiger Kilometer bis hin zu 50 m im Large-Eddy Simulation (LES) Modus verwendet, um Hang- und Talwinde über idealisierter Topographie bei Tagesbedingungen mit ungestörter Hintergrundatmosphäere (Hochdruckeinfluss) zu simulieren. Das übergeordnete Ziel dieser Arbeit besteht in der Mithilfe zur Entwicklung und Verbesserung von Grenzschicht-Parametrisierungen für grobskalige Wettermodelle, welche subgridskalige Effekte von thermisch getriebenen Strömungen über komplexer Topographie beinhalten.
In einem ersten Schritt werden fehlerhafte Strukturen in der Grenzschicht der Talatmosphäre ermittelt, die durch stark geglättete und unaufgelöste Modell-Topographien entstehen. Dafür wird die horizontale Gitterauflösung in numerischen Simulationen systematisch von 50 m (LES) auf 10 km erhöht. In der LES-Referenz Simulation entwickelt sich in einem 20 km breiten Tal eine Inversionsschicht, die die Talquerzirkulation in zwei übereinander liegende Zirkulationszellen unterteilt. Ähnliche Strukturen der Talatmosphäre entwickeln sich in Simulationen mit 1 oder 2 km horizontaler Gitterauflösung, in denen die Taltopographie noch voll aufgelöst wird. Große Unterschiede im Vergleich zu dem LES Referenz Fall treten dagegen in Simulationen mit Gitterweiten von mehr als 2 km auf. In diesen Simulationen wird die Taltopographie stark geglättet, wodurch die Ausbildung einer Talinversion verhindert wird und nur eine Talquerzirkulation entsteht. Der Extremfall eines vollständig unaufgelösten Tales führt zu einer konvektiven Grenzschicht über einer erhöhten Ebene ohne Entwicklung thermischer Strömungen. LES Simulationen über entsprechend geglätteten Tälern ergeben, dass Abweichungen in der Grenzschichtstruktur der Talatmosphäre in Simulationen mit grober horizontaler Auflösung durch unaufgelöste Topographie und nicht durch unaufgelöste Turbulenz bewirkt werden. Desweiteren wird gezeigt, dass Simulationen mit horizontaler Auflösung im Kilometerbereich durch Deaktivierung der horizontalen numerischen Diffusion verbessert werden können. Für eine wahrheitsgetreue Simulation der Talquerzirkulation und der thermischen Struktur der Talatmosphäre sind mindestens 10 bis 20 Gitterpunkte über die gesamte Talbreite erfoderlich.
In einem weiteren Schritt wird der Einfluss der Taltiefe, -breite und -länge auf die thermischen Strömungen in einem Tal mit vorgelagerter Ebene mithilfe von LES Simulationen mit 200 m Gitterauflösung untersucht. Diese Simulationen verwenden einen räumlich konstanten, jedoch zeitlich variablen sensiblen Oberflächenwärmefluss zum Antrieb der atmosphärischen Strömungen. Um so tiefer das Tal gewählt wird, desto stärker sind das Alpine Pumpen (Strömung von der Ebene zum Gebirge) und die sich entwickelnden Taleinwinde, sowie die Inversionsschicht innerhalb des Tales. Letztere bildet sich nicht in sehr flachen Tälern aus. Taleinwinde werden sehr schwach in breiten und kurzen Tälern. Der Transport von Partikeln aus der Grenzschicht über dem Gebirgsvorland und vom Talboden in große Höhen über die Gebirgskämme durch Hangwinde und in die freie Atmosphäre über dem Vorland durch eine ausgleichende Höhen-Gegenströmung wird in sehr tiefen und engen Tälern intensiviert. Dieser vertikale Austauschprozess kann über Tälern 3 bis 8 Mal stärker sein, als der vertikale Transport durch reine turbulente Durchmischung über einer flachen Ebene.
Weitere Untersuchungen konzentrieren sich auf die Auswirkungen von Inhomogenitäten der Talgeometrie entlang der Talachse auf die sich entwickelnden thermischen Strömungen. Dabei wird in geraden Tälern systematisch der Talboden geneigt, sowie der Talquerschnitt entlang der Talachse verkleinert. Taleinwinde in Tälern mit einer Neigung des Talbodens von 0.86° werden deutlich um ca. 100% aufgrund des verkleinerten Talvolumens (Volumenseffekt) und um ca. 62% durch zusätzliche Hangauftriebskräfte verstärkt. Eine Verengung des Talquerschnitts um 20 km auf einer Strecke von 100 km entlang der Talachse führt zu einer Verstärkung der Taleinwinde von 75% im Vergleich zu einem gleichbleibenden geraden Tal. Vertikale Massenflüsse auf Kammniveau aus dem Tal heraus werden um 57 bis 84% durch Talverengung und um 22 bis 32% durch reduziertes Talvolumen (beispielsweise bedingt durch ansteigende Talböden) verstärkt. Stärkere Taleinwinde in Fällen mit geneigten Talböden und sich verengenden Talquerschnitten bewirken einen erhöhten horizontalen Transport von Partikeln über dem Gebirgsvorland in das Tal hinein. Dieser verstärkte Transport von Partikeln in das Tal reduziert schlussendlich die Zahl der Partikel, die durch die Höhen-Rückströmung zurück über das Vorland transportiert werden.